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       > Überwachung Der Chaos Computer Club will mit einem interaktiven Projekt
       > den Einsatz von Videokameras rund um den G20-Gipfel dokumentieren – und
       > darüber hinaus
       
 (IMG) Bild: Könnte mit privaten Kameras ein lückenloses Bild zeichnen: Polizeikamera auf dem Kiez
       
       von Benjamin Laufer
       
       Wer kommt denn da? Viele Polizisten schauen skeptisch, als Michael Hirdes
       an den zahlreichen Einsatzwagen vor den Hamburger Messehallen vorbei geht.
       Wenige Tage vor dem G20-Gipfel ist die Karolinenstraße Hamburgs
       bestbewachtes Stück öffentlichen Raums. Niemand kann hier auch nur einen
       Schritt tun, ohne von der Polizei registriert zu werden. Der 44-jährige
       Hirdes, schwarzes Käppi, schwarzes Shirt, fällt da gleich auf, doch das
       kümmert ihn nicht. Er zeigt mit der Hand auf die andere Straßenseite und
       sagt: „Das Ding ist neu.“
       
       In dem Anhänger, den die Polizei vorm Park Planten und Blomen geparkt hat,
       erkennt der Fachmann vom Hamburger Chaos Computer Club (CCC) einen
       Generator, die Geräte darauf als Infrarot- und schwenkbare Dome-Kamera. Die
       einzigen beiden Überwachungskameras, die Hirdes vor den Messehallen
       entdeckt. „Hier scheinen sie eher mit Manpower arbeiten zu wollen“,
       schlussfolgert er.
       
       Der größte Einsatz in der Geschichte der Hamburger Polizei wirft viele
       Fragen zur Überwachung auf. Wie viele Kameras hat die Polizei anlässlich
       des G20-Gipfels in der Stadt aufgestellt? Wie viele davon außerhalb der
       Sicherheitsbereiche? Und wie viele dieser Kameras bleiben nach dem Treffen
       in Betrieb? Stimmen etwa die Medienberichte, dass die Polizei auch aus der
       Luft filmt, mit einer geliehenen Drohne?
       
       All diese Fragen will die Polizei nicht beantworten und verweist auf
       „vorwiegend einsatztaktische Gründe“. Und das Bundeskriminalamt, zuständig
       für die Sicherheit in der sogenannten Roten Zone, lässt eine taz-Anfrage
       dazu gleich ganz unbeantwortet.
       
       Bekannt ist lediglich, dass die Hamburger Polizei im vergangenen Jahr ihr
       Video-Equipment auf den neuesten Stand gebracht hat. Alte Kameras im
       Stadtgebiet wurden durch „moderne, leistungsfähige, betriebssichere und
       wirtschaftliche Digitalkameratechnik“ ersetzt, teilt die Polizei auf
       Anfrage mit. Zum OSZE-Gipfel im vergangenen Dezember und nun zum G20 werde
       das neue Equipment eine „gezielte und komprimierte Umsetzung erfahren“,
       kündigte die Innenbehörde im November in einer Antwort auf eine Anfrage der
       Linken-Politikerin Christiane Schneider an.
       
       Der Chaos Computer Club will es genauer wissen und hat deswegen im April
       die Webseite juvenal.org ins Netz gestellt. NutzerInnen können dort vom
       Handy aus Fotos von Überwachungskameras hochladen, die sie in der Stadt
       entdecken. Anschließend erscheint an der Stelle ein kleines Kamerasymbol
       auf einer Karte. Mehr als 500 sind so schon zusammengekommen.
       
       „Nach dem G20-Gipfel wollen wir sehen, was vergessen wurde, wieder
       abzubauen“, sagt der Hacker Hirdes, der sich „Dodger“ nennt. In einer
       zweiten Phase, nach dem Gipfel, sollen die NutzerInnen von juvenal.org
       kontrollieren, welche Kameras noch hängen.
       
       Dem Datenschützer geht es dabei allerdings nicht nur um die Kameras, die
       die Polizei einsetzt. Fast noch problematischer findet er private Kameras,
       die auch Teile des öffentlichen Raums filmen. Zum Beispiel auf der
       Reeperbahn, wo in den kommenden Tagen mehrfach gegen den Gipfel
       demonstriert werden soll, gebe es davon sehr viele. „Ich kann mich nicht
       mehr durch die Innenstadt bewegen, ohne dass permanent gefilmt wird, wo ich
       mich bewege“, sagt Hirdes.
       
       Seine größte Sorge ist, dass die Polizei die Bilder all dieser Kameras
       zusammenführen könnte und so auf ein mehr oder weniger lückenloses
       Überwachungsnetz zugreifen könnte. Theoretisch kann sie über die
       Strafprozessordnung an die Daten gelangen. „Gegenstände, die als
       Beweismittel für die Untersuchung von Bedeutung sein können“, darf die
       Polizei nämlich beschlagnahmen. Die Kameras, die größtenteils illegal den
       öffentlichen Raum filmen, würden dann erst recht zu einem Problem. Oder in
       Hirdes’Worten: zum „datenschutzrechtlichen Super-GAU“.
       
       Ob eine Kamera den rechtlichen Ansprüchen genügt oder nicht, kann man von
       Hamburgs Datenschutzbeauftragtem Johannes Caspar überprüfen lassen. Er geht
       im Gespräch mit der taz davon aus, dass die Anzahl von Bürgereingaben an
       seine Behörde zum Gipfel noch weiter zunehmen wird. „Wir werden die Fragen
       beantworten und den Beschwerden nachgehen“, verspricht er. Allerdings werde
       es aufgrund der „nach wie vor angespannten Personalsituation“ Wartezeiten
       geben: Nur 1,7 Stellen stehen in der Behörde dafür zur Verfügung. Ein Kampf
       gegen Windmühlen.
       
       Nach dem Gipfel werde die Polizei die zusätzlich angebrachten Kameras
       wieder entfernen, hofft Caspar nach einem Gespräch mit der Behörde. In der
       Karolinenstraße bleibt Michael Hirdes skeptisch: „Ich gehe davon aus, dass
       davon in den nächsten Tagen noch mehr aus dem Boden ploppen.“
       
       5 Jul 2017
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Benjamin Laufer
       
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