# taz.de -- Kolumne G-nervt: Fette Beats und Markenklamotten
       
       > Linke Jugendliche tragen schwarze Kleidung und versuchen, alles richtig
       > zu machen. Aber warum sollten sie mehr auf die Reihe kriegen als alle
       > anderen?
       
 (IMG) Bild: Linke Jugendliche, hier bei einer Mai-Demonstration in den 90ern
       
       Warum wird von der linken Jugend so viel erwartet? Und wieso regen sich
       alle auf, wenn sie Markenklamotten trägt? Diese Fragen stellte ich mir, als
       ich mir ein Video anschaute, das durch meine Facebook-Timeline gespült
       wurde. Mehr als 44.000 Klicks, über 470 Likes und zahlreiche Kommentare.
       
       Es handelt sich um ein Mobilisierungsvideo, das zur Demonstration gegen G
       20 aufruft und auf der Seite des Protestkollektivs „G 20 entern“
       veröffentlicht wurde. Was in diesem Video zu sehen ist? Fette Beats,
       Jugendliche in Markenklamotten mit bengalischen Fackeln, die den Himmel
       über dem Hamburger Hafen rot färben. Überinszeniert, aber ziemlich
       stimmungsvoll. Am Ende werden über dem Bild eines Enterhaken schwingenden
       Menschen die Daten großer Demonstrationen während des Gipfels eingeblendet.
       
       Wenig überraschend bezeichnet die Hamburger Morgenpost das Video als
       „martialisch“ und „gewaltverherrlichend“. Doch kam Kritik auch von anderer
       Seite: Linke Kommentierer*innen stießen sich an der zu poppigen Aufmachung
       und den bösen Markenklamotten. Sie wünschten sich weniger Lifestyle und
       mehr revolutionäre Inhalte.
       
       Damit sind die linken Kritiker*innen ähnlich streng wie die populistische
       Mopo: Beide gehen so an die jungen Aktivist*innen aus dem Video heran, als
       wären sie ausgewachsene Revolutionär*innen. Mopo und Linke erwarten von
       ihnen das Einstürzen des politischen Systems, nur dass die einen daraus ein
       Horrorszenario entwerfen und die anderen meinen, dafür seien die
       Jugendlichen nicht gut genug.
       
       ## Keine Revolution
       
       Wer selbst ein Mensch unter 40 ist oder schon mal Teil einer Bewegung oder
       Szene war, weiß aber, dass viele Jugendliche einfach Bock haben auf Style.
       Warum sollte das bei Linken anders sein? Sollen sie sich abkapseln, in den
       Wald gehen und sich ihre Klamotten selber nähen?
       
       Als ich für ein paar Monate in einem besetzten Haus in der „Küche für alle“
       mitkochte, wollte ich mich im Viertel engagieren. Ich dachte, Essen ist
       etwas, über das sich alle Menschen freuen. Die Aktivist*innen dort haben
       auch schwarze Kleidung getragen und versucht, alles richtig zu machen. Aber
       eine tatsächliche Änderung des Systems hätte ich von ihnen nicht erwartet.
       Ich wäre schon zufrieden gewesen, wenn sie verantwortungsvoll mit ihrem
       Putzdienst umgegangen wären.
       
       Auch beim revolutionärsten Lifestyle kommt am Ende keine Revolution heraus
       – schon gar nicht bei den vielen Klaus und Juttas, die sich fair gehandelte
       Hemden leisten können. Sie kriegen am Ende auch nicht alles auf die Reihe.
       Genauso wie die Jugendlichen im Video, aber immerhin haben sie ein Video
       gemacht.
       
       Daher mein Rat: Hört nicht auf, die linke Jugend ernst zu nehmen, aber
       erhebt an sie nicht höhere Ansprüche, als ihr selbst je erfüllen könnt.
       
       5 Jul 2017
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Leyla Yenirce
       
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