# taz.de -- Ivy Nortey schaut auf das wilde Treiben mit dem Junikäfer: Dicklich, brauner Panzer, pelziger Po
       
 (IMG) Bild: Liebesbedürftig: der Junikäfer
       
       Im Juni sind die Abende lang. Endlich! Die Grünflächen der Stadt sind voll
       kleiner und größerer Grüppchen von Menschen, die entspannt die Strahlen der
       Abendsonne genießen. Andere spazieren eine Runde dem Sonnenuntergang
       entgegen oder sehen ihren Kindern beim Radfahrlernen zu. Idylle pur. So
       nimmt der Abend seinen gewohnten Gang.
       
       Doch plötzlich: ein Schrei! Dann noch einer. Und noch einer. In einigen
       Gruppen bricht Unruhe aus. Menschen springen panisch auf, tänzeln um die
       eigene Achse und machen wild ausladende Armbewegungen. Die Beisitzenden
       fangen lauthals an zu lachen oder eilen zu Hilfe. So geht es durch die
       Reihen. Was genau die Menschen stört oder so herrlich belustigt, ist von
       Weitem nicht auszumachen. Es muss klein sein, schnell, hartnäckig. Und es
       kann auf jeden Fall fliegen, dieses Etwas.
       
       So rätselt man, und schaut sich das wilde Treiben an. Bis es einen selbst
       erwischt.
       
       Häufig allein, manchmal zu zweit, fliegen sie heran, heimlich, bis es
       plötzlich laut brummt, am Ohr. Wenn einen ein dumpfer Gegenstand kräftig,
       aber nicht schmerzhaft an der Schläfe trifft. Etwas verfängt sich im Haar.
       Groß, dick, brauner Panzer, pelziger Po. Es brummt, es flattert: Der
       Junikäfer, er ist wieder da.
       
       Auch Gerippter Brachkäfer genannt, kommt er auf den ersten Eindruck
       ziemlich dümmlich daher. Mit dem Maikäfer verwandt, aber lange nicht so
       bekannt, taucht er im Juni auf. Er macht es massenweise, wie aus dem
       Nichts, und merklich aufdringlich. Die Käfer beißen nicht, sie stechen
       nicht. Eigentlich wollen sie nur geliebt werden. Also kommen sie jetzt aus
       ihrem Erdversteck, auf der Suche nach einer PartnerIn. Harte Schale,
       weicher Kern. Das merkt man, wenn man reflexartig beherzt ausholt, um den
       Störenfried abzuwehren, oder versehentlich auf eines der Exemplare tritt.
       
       So hüpft und springt es für ein paar Wochen, dort, wo Natur ist in der
       Stadt. Ende Juli sind dann die Larven abgelegt und die Käfer selbst tot.
       Als wäre nie etwas gewesen. Bis dahin werden romantische Spaziergänge zur
       Verfolgungsjagd und ein gemütliches Picknick zum pantomimischen
       Theaterstück. Aber unbedingt wird herzlich, etwas hämisch gelacht. Bis es
       einen selbst erwischt.
       
       23 Jun 2017
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Ivy Nortey
       
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