# taz.de -- EM-Vorbereitung der Fußballfrauen: Auftakt im Klettergarten
       
       > Bundestrainerin Steffi Jones will Grundlagen für die EM-Titelverteidigung
       > schaffen – mit Teambuildingmaßnahmen in einer Wohlfühloase.
       
 (IMG) Bild: Die Bundestrainerin setzt auf Teambuilding
       
       Die Residenz ist dem Projekt angemessen: Am Sonntag startet im Hotel
       Klosterpforte in Marienfelde-Harsewinkel die EM-Vorbereitung der deutschen
       Frauen-Nationalmannschaft. Bis zum Mittag sollen sich die Spielerinnen in
       der ostwestfälischen Wohlfühloase einfinden; nur für Anja Mittag, die beim
       schwedischen Klub FC Rosengard angestellt ist, wird eine Ausnahme für die
       erste von drei Maßnahmen für das Turnier in den Niederlanden (16. Juli bis
       6. August) gemacht. Die mit 153 Länderspielen erfahrenste Akteurin kommt
       voraussichtlich erst am Abend.
       
       Gängige Buchungsplattformen werben mit dem „Wunschhotel in Marienfelde“,
       aber in Wahrheit handelt es sich auch um den Lieblingsort für Fußballer
       jeglicher Couleur und jedes Geschlechts, die sich auf ein wichtiges
       Ereignis fokussieren. Zuletzt hat der VfL Wolfsburg hier vor den
       Relegationsspielen gegen Eintracht Braunschweig seine Zuversicht
       wiedergefunden und später den Klassenerhalt gesichert, aber auch Stars
       haben sich in den Zimmer schon gebettet. Nicht zuletzt Cristiano Ronaldo
       und Portugal während der Weltmeisterschaft 2006.
       
       Die 29 deutschen Fußballerinnen, von denen letztlich 23 für die EM
       nominiert werden, sind nur sechs Tage vor Ort, denn Steffi Jones will erst
       gar keine Monotonie aufkommen lassen. Die Bundestrainerin ist kein Freund
       von langen Trainingscamps, wie sie Silvia Neid beispielsweise noch vor der
       Heim-WM 2011 abhielt. Nach der Saison sollten alle Spielerinnen erst einmal
       in den Urlaub fahren. Auch das Trio, das mit Olympique Lyon am 1. Juni die
       Women’s Champions League gewann. Deswegen reisen Dzsenifer Marozsan,
       Pauline Bremer und Josephine Henning am Dienstag noch einmal nach Paris, um
       sich bei einem Empfang mit dem neuen französischen Präsidenten Emmanuel
       Macron ehren zu lassen.
       
       Eines steht fürs erste Turnier unter Jones-Mission fest: Der Führungsstil
       der weltoffenen und zugänglichen Frankfurterin ist von Transparenz und
       Kommunikation geprägt. Ob die 44-Jährige letztlich dieselben Erfolge feiert
       wie ihre Vorgängerin, steht auf einem anderen Blatt, aber seit ihrer
       Amtsübernahme hat sich das Binnenklima bestimmt nicht verschlechtert. Der
       Mannschaftsrat war beispielsweise in alle Überlegungen zu
       Trainingsschwerpunkten und Teambuildingmaßnahmen mit eingebunden, wozu im
       ersten Trainingslager der Besuch eines Klettergartens zählt. Ansonsten ist
       nicht viel Freizeit angesagt.
       
       „Wir haben nur 15 Tage EM-Vorbereitung. Diese wollen wir intensiv nutzen“,
       sagt Jones. „Es gilt Abläufe zu optimieren und uns als Team zu finden.“ Was
       umso schwieriger wird, als mit dem Freundschaftsspiel gegen Brasilien am 4.
       Juli in Sandhausen nur ein einziger offizieller Test stattfindet. Umso
       wichtiger werden drei anberaumte Vergleiche gegen männliche Juniorenteams
       hinter verschlossenen Türen, bei denen 15-, 16-jährige Talente die
       Spielweisen der deutschen Gegner Schweden, Italien und Russland nachstellen
       sollen. Jones legt auf taktische Flexibilität größten Wert.
       
       Sie kann dann ab 12. Juli in den Niederlanden auch erstmals auf ein
       Basisquartier bauen, das sich die deutsche Delegation in der Gemeinde
       s’-Hertogenbosch gesucht hat: Von dort aus sind die Gruppenspielorte Breda,
       Tilburg und Utrecht allesamt in weniger als einer Stunde erreichbar. Und
       noch etwas wird neu sein: Erstmals wird die EM mit 16 Teams gespielt, was
       die Gruppenphase interessanter und gerechter macht. Bei der
       Europameisterschaft 2013 in Schweden brachte der Vergleich der besten
       Gruppendritten kein Ergebnis, sodass zwischen Dänemark und Russland damals
       gelost werden musste – die Russinnen fielen dem Glücksspiel zum Opfer und
       reisten unter Tränen ab.
       
       Das passiert nicht mehr, da die Uefa den Fortschritten des Frauenfußballs
       mit einer Erweiterung um vier Teilnehmer Rechnung getragen hat. Heike
       Ullrich, die DFB-Direktorin Frauen- und Mädchenfußball, hofft auf „enge,
       gute Spiele mit ganz unterschiedlichem Charakter in vollen Stadien bei
       gutem Wetter“ – und natürlich auch, „dass Deutschland dabei ein starkes
       Bild abgibt.“ Aus Sicht des Titelverteidigers hängt die Messlatte sehr
       hoch: Deutschland hat bekanntlich acht von elf EM-Auflagen gewonnen, davon
       die letzten sechs.
       
       18 Jun 2017
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Frank Hellmann
       
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