# taz.de -- Wer Hartz IV bezieht, soll auch was tun
       
       > pilotprojekt Die Bundesagentur für Arbeit stellt fest, dass sie einen
       > harten Kern von Langzeitarbeitslosen nicht im Arbeitsmarkt unterbringen
       > kann. Um sie wenigstens in die Gesellschaft zu integrieren, sollen sie
       > entgeltfrei für Firmen und Kommunen arbeiten
       
 (IMG) Bild: Werftensterben: durch verfehlte Standortpolitik in die Langzeitarbeitslosigkeit
       
       von Maximilian Schmidt
       
       In Bremerhaven soll Anfang 2018 ein Pilotprojekt zur Bekämpfung der
       Langzeitarbeitslosigkeit starten. Statt einfach nur zu Hause rumzusitzen,
       sollen Hartz-IV-EmpfängerInnen entgeltfrei in Firmen aushelfen oder
       öffentliche Grünanlagen pflegen. Ziel ist es, sie durch Arbeit in die
       Gesellschaft zu integrieren.
       
       Dass das strukturschwache Bremerhaven schon länger ein Problem mit
       Langzeitarbeitslosigkeit hat, ist bekannt. Neu ist jedoch, dass sich die
       Bundesagentur für Arbeit selbst eingesteht, dass ihre Konzepte zur
       Integration von Langzeitarbeitslosen in den Arbeitsmarkt nicht
       funktionieren. Auf der Pressekonferenz der Agentur für Arbeit
       Bremen/Bremerhaven, in der die aktuellen Arbeitsmarktzahlen für das Land
       Bremen vorgestellt werden sollten, räumte sie ein, dass es einen harten
       Kern von Langzeitarbeitslosen gibt, dem sie nicht helfen kann.
       
       „Je länger man von Arbeitslosigkeit betroffen ist, desto schwieriger wird
       es auch, aus ihr wieder raus zu kommen“, sagte Susanne Ahlers,
       Geschäftsführerin des Jobcenters Bremen. Kommen dazu noch Faktoren wie ein
       Kind, hohes Alter oder ein Migrationshintergrund, gehen die Chancen, einen
       neuen Job zu bekommen gegen Null.
       
       Die bisherigen Wiedereingliederungsmaßnahmen dauerten nur ein halbes Jahr.
       In den meisten Fällen scheiterten diese Versuche. „Auch Langzeitarbeitslose
       einfach nur weiterzubilden hilft nicht, denn viele von ihnen sind einfach
       nicht mehr beschulbar“, sagt Götz von Einem, der Chef der Agentur für
       Arbeit in Bremen.
       
       Das neue Konzept sieht vor, Menschen, die seit mindestens vier Jahren
       arbeitslos sind, zwei bis drei Jahre lang in eine öffentlich geförderte
       Beschäftigung zu schicken. Langzeitarbeitslose sollen demnach Betrieben,
       als zusätzliche kostenlose Kraft angeboten werden. „Dort können sie als
       eine Art Handlanger den Arbeitsprozess in Firmen unterstützen“, sagt von
       Einem. Ein weiterer Vorschlag sieht vor, sie in der Stadtteilverschönerung
       einzusetzen.
       
       Die Agentur für Arbeit legt großen Wert darauf, dass die Menschen sehen,
       was sie an einem Tag geschafft haben. Ziel des Ganzen ist es, die
       Langzeitarbeitslosen wieder an der Gesellschaft teilhaben zu lassen. Dabei
       sollen sie vom Jobcenter betreut werden. „Integration in den Arbeitsmarkt
       steht dabei nicht an erster Stelle, sondern die Integration in die
       Gesellschaft“, kommentierte Jobcenter-Geschäftsführerin Ahlers das
       Vorhaben. Vor allem sollen Eltern davon profitieren, indem sie ihren
       Kindern zeigen können, dass auch sie ihren Teil zur Gesellschaft beitragen.
       Dies hätte den präventiven Effekt, das Langzeitarbeitslosigkeit nicht
       vererbt wird.
       
       In Bremerhaven könnten bis zu 3.000 Menschen so beschäftigt werden.
       Finanziert werden soll das Projekt durch zusätzliche öffentliche Gelder. Es
       soll nicht flächendeckend angewandt werden, sondern „nur dort, wo wir es
       mit einer hohen Quote von Langzeitarbeitslosen zu tun haben“, sagt von
       Einem.
       
       Claudia Bernhard, arbeitsmarktpolitische Sprecherin der Linken in Bremen,
       reagierte in einer ersten Einschätzung irritiert auf das Vorhaben der
       Agentur für Arbeit. „Das einzige, dass Langzeitarbeitslosigkeit bekämpft,
       sind Arbeitsplätze“, sagte sie. Noch deutlicher wurde Tobias Helfst vom
       Bremer Erwerbslosenverband. „Da zeigt eine eigentlich sachliche Einrichtung
       ihr wahres politisches Gesicht“, findet er. Für ihn klingt das Vorhaben
       nach einem menschenfeindlichen Projekt. „Menschen als Arbeitskraft irgendwo
       einzusetzen, ohne sie dafür anständig zu entlohnen klingt für mich fast wie
       Zwangsarbeit“, sagt er.
       
       Die Agentur für Arbeit räumte ein, dass ihr Vorhaben noch überarbeitet
       werden muss. Das Konzept wurde von Detlef Scheele, Chef der Bundesagentur
       für Arbeit im engen Schulterschluss mit Bundesarbeitsministerin Andrea
       Nahles erarbeitet. Über den Sommer sollen die Details ausgearbeitet werden.
       „Wir hoffen, dass es die Wahl überlebt und wir das Pilotprojekt in
       Bremerhaven im ersten Quartal 2018 starten können“, sagt von Einem.
       
       1 Jun 2017
       
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