# taz.de -- Nordkoreas neuer Raketentest: Aus Trotz
       
       > Nordkoreas neuester Raketentest zielt auf ein Seegebiet, das zwischen
       > Tokio und Seoul umstritten ist. Es ist der neunte in diesem Jahr.
       
 (IMG) Bild: Südkorea wird nicht nur über den Test erbost sein, sondern auch über Japans Premier Shinzo Abe (im Bild), der das Zielgebiet für sich beansprucht
       
       Seoul taz | Erst vor zwei Tagen wurde Nordkoreas Machthaber Kim Jong Un
       beim G-7-Treffen ermahnt, sein Nuklear- und Raketenprogramm endgültig
       einzustellen. Wie ernst der Diktator das nimmt, hat er Montagmorgen trotzig
       unter Beweis gestellt und erneut ein Geschoss von der Ostküste abfeuern
       lassen. Es ist schon Nordkoreas neunter Raketentest in diesem Jahr. Dabei
       handelt es sich laut ersten Einschätzungen um eine Kurzstreckenrakete des
       Scud-Typs, die nach sechs Minuten und 450 Kilometern im Japanischen Meer
       landete.
       
       Aufgrund der eingeschränkten Reichweite bedroht dieser Raketentyp de facto
       nur Südkorea und die 28.500 dort stationierten US-Soldaten. Doch erstmals
       hat Nordkorea eine ballistische Rakete in die sogenannte ausschließliche
       Wirtschaftszone abgefeuert – einem Gewässer, in dem japanische
       Frachtschiffe und Fischer unterwegs sind. Der Ort scheint bewusst gewählt,
       um Zwist in der Region zu sähen.
       
       Denn Seoul und Tokio streiten dort über den Verlauf der Seegrenze.
       Südkoreas neuer Präsident Moon Jae In wird nicht nur über den Raketentest
       erbost sein, sondern auch darüber, dass Japans Premier Shinzo Abe das
       Gebiet für sich beansprucht.
       
       Fast im Wochentakt testet Nordkorea derzeit sein Raketenarsenal. Experten
       deuten dies als Trotzreaktion auf den erhöhten Druck aus Washington. Donald
       Trump hat in seiner bisherigen Amtszeit die Rhetorik verschärft und
       Pjöngjang zeitweise mit einem Erstschlag gedroht. Zugleich wurde in
       Südkorea mit Moon Jae In ein Präsident gewählt, der gegenüber Nordkorea
       trotz der Isolationspolitik des Westens zweigleisig fahren möchte:
       Sanktionen sollen vorerst beibehalten werden, doch zugleich Annäherungen
       gesucht werden. Zuletzt hatte Moon angedeutet, zivile Austauschkanäle
       zuzulassen. Dass dies Kim Jong Un besänftigen könnte, hat sich als
       Wunschdenken herausgestellt: Allein seit Moons Amtsantritt testete
       Nordkorea drei Raketen.
       
       ## Atomwaffen als Lebensversicherung
       
       „Die Situation dürfte sich noch weiter zuspitzen. Ein Staat, der immer
       wieder seine ‚Militär zuerst Politik‘ propagiert, muss unweigerlich auch
       seine Fveuerkraft unter Beweis stellen“, sagt der Nordkorea-Experte
       Benjamin R. Young von der George-Washington-Universität.
       
       Das Kim-Regime betrachtet Atomwaffen als Lebensversicherung, die vor
       Militärinvasionen abschreckt. Mittelfristig hofft Nordkorea so, seine
       horrenden Militärausgaben zu senken und mehr Ressourcen in die Entwicklung
       der Wirtschaft zu investieren. Die Küstenstadt Wonsan, in deren
       unmittelbarer Nähe die Scud-Rakete abgefeuert wurde, zeugt von dem
       bescheidenen Wirtschaftswachstum, das das Land trotz der Sanktionen derzeit
       erlebt. „Die Entwicklung der Region ist für Nordkorea überaus wichtig und
       wurde von der Führung angeordnet“, sagt der Kanadier Michael P. Spavor, der
       im chinesischen Yanji direkt an der Grenze zu Nordkorea lebt. Mit seiner
       Firma Paektu Cultural Exchange will er im September internationale
       Investoren nach Wonsan fliegen, wo sie den neuen Flughafen, Kraftwerke und
       Wohnhäuser besichtigen werden.
       
       In diesem Sinne hat Nordkoreas Raketentest vom Montag eindrücklich
       bewiesen, wie sich die wirtschaftlichen und militärischen Ambitionen des
       Regimes gegenseitigen torpedieren: Wer möchte in eine Region investieren,
       in der Raketen abgefeuert werden?
       
       29 May 2017
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Fabian Kretschmer
       
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