# taz.de -- Eurovision am Dnipro, Folge 7: 17 Jahr, (fast) blondes Haar
       
       > Der bulgarische Teilnehmer Kristian Kostov trat nach der Annektierung auf
       > der Krim auf. In der Ukraine darf er trotzdem singen.
       
 (IMG) Bild: Blond ist eine Haltung, keine Haarfarbe
       
       Kristian Kostov wäre fast noch zu einem Objekt eines eurovisionären
       Skandals geworden. Im Internet kam heraus: Der in Moskau lebende und für
       Bulgarien angeheuerte 17jährige Sänger trat auf der Krim auf, als sie schon
       russisch besetzt und der Ukraine geraubt war. Anders als die russische
       ESC-Sängerin Julia Samoilowa durfte er jedoch zum ESC nach Kiew einreisen.
       Was ist nur passiert? Zunächst einmal verwundert, dass das weder in den
       ukrainischen noch in den russischen Medien irgendeine Überschrift in
       Papier- oder elektronischen Medien provozierte.
       
       Die Fakten sind: Kostov wurde im Jahr 2000 in Moskau geboren, wo er auch
       heute seinen Lebensmittelpunkt hat. Seine Mutter ist Kasachin, sein Vater
       Bulgare, er selbst besitzt die russische Staatsbürgerschaft. Er hat schon
       in seiner Kindheit viele Auftritte gehabt, 2009 bei der Eröffnung des ESC
       in Moskau sang er mit, wenn auch nur im Rahmenprogramm der Show. Es ist
       unstrittig, dass Kostov am 1. Juni 2014 in der Ortschaft Artek auf der zwei
       Monate vorher annektierten Krim aufgetreten ist. Zum Zeitpunkt seines
       Auftritts war er 14 Jahre alt.
       
       Der Sprecher der ukrainischen Grenzbehörden, Oleg Slobodjan, berichtet laut
       Interfax-Ukraine, ihnen habe zum Zeitpunkt der Einreise von Kostov in die
       Ukraine zum ESC keine Information über dessen Aufenthalt auf der Krim
       vorgelegen. Außerdem, so Slobodjan, sei Kostov zum Zeitpunkt seines
       Aufenthaltes auf der Krim noch minderjährig gewesen – und habe somit nicht
       selbst die Entscheidung zur Reise auf die Krim getroffen. Und drittens, so
       Slobodjan, sei das ukrainische Gesetz zur besetzten Krim erst Ende 2014 in
       Kraft getreten. Wie üblich in rechtsstaatlich organisierten Ländern könne
       auch dieses Gesetz nicht rückwirkend angewendet werden.
       
       Wäre es also auch wirklich so gewesen wie bei der erwachsenen Sängerin
       Julia Samoilowa, hätte Kristian Kostov nicht ins Land reisen dürfen.
       Insofern: Alle Aufregung war und ist zuviel Wind in einem allzu kleinen
       Beutel. Ohnehin hätten sich die ukrainischen Gastgeber des ESC eine
       Imagehavarie sondergleichen beschert, wäre der Russe (ob er Pop-Söldner für
       Bulgarien ist oder einfach nur Russe unter dem Kremlregime) aus dem
       Wettbewerb genommen worden. Zumal sein Lied „Beautiful Mess“ seit dem
       Einzug ins Grand Final in der Nacht auf Freitag mit zu den Favoriten zählt.
       Ein Lied, das bulgarische Nationalisten schwer auf den Mägen liegt, denn es
       klingt nicht wie die in Deutschland beliebten bulgarischen
       Folklorefrauenchöre, sondern wie Charts und Mainstream und Glam und Sex &
       Unordnung (wie der Titel schon sagt).
       
       Kostov, nebenbei, ist, habituell gesehen, der schwulste Kandidat dieses
       ESC, fast blond im Look, sogar schwuler als der Australier Isiah Firebrace,
       dafür hat Letzterer die eindrücklicheren Augenbrauen. Dünn, übertrieben
       keck, eine Beauty, der es an Unsicherheitsgefühlen deutlich fehlt: Das ist
       der russoide Bulgare. Ein Schmuckstück dieses ESC, objektiv gemeint, das
       Gott sei Dank nicht ausgewiesen werden musste.
       
       Mitarbeit: Bernhard Clasen
       
       12 May 2017
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Jan Feddersen
       
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