# taz.de -- Türkisches Verfassungsreferendum: Doppelte Stimme in Frankfurt
       
       > Fast die Hälfte der in Deutschland lebenden Türk*innen beteiligte sich am
       > Referendum zur Verfassungsreform. Nicht immer lief alles stimmig ab.
       
 (IMG) Bild: In Frankfurt am Main gibt es einen Fall von versuchtem Wahlbetrug
       
       BERLIN taz | Wahlbetrug beim Türkei-Referendum in Deutschland? Der Verdacht
       steht zumindest im Raum. Es wurden 57 Wahlunstimmigkeiten festgestellt,
       darunter ein Fall von doppelter Stimmabgabe am 6. April in Frankfurt am
       Main. Diese wurden in der ersten Woche der Laufzeit des Referendums an das
       hohe Wahlkomitee (YSK) in der Türkei übermittelt.
       
       Die Wahlkommission weist auf diesen Fall hin. Ebenso dass der Vorfall
       strafrechtlich verfolgt wird. In diesem Falle kann eine Gefängnisstrafe bis
       zu fünf Jahren verhängt werden.
       
       Deutschlandweit gaben 48,7 Prozent der 1,43 Millionen wahlberechtigten
       Türken ihre Stimme ab. Die Oppositionspartei CHP will wegen der im Ausland
       gemeldeten Betrugsfälle zusätzliche Wahlbeobachter für den 16. April, den
       Wahltag in der Türkei, mobilisieren.
       
       Am türkischen Konsulat in Berlin standen am Sonntagabend nur noch
       vereinzelt Menschen hinter den Absperrungen. Bis zum 9. April waren 13
       Wahlurnen im ganzen Land täglich von 9 Uhr bis 21 Uhr geöffnet. Doch der
       erwartete Andrang am letzten Tag der Abstimmung fiel wohl angesichts des
       guten Wetters aus.
       
       ## Nicht auf den letzten Drücker
       
       Auf den letzten Drücker noch abzustimmen, das wäre Azem Payar nicht im
       Traum eingefallen. „Ich habe zum ersten Mal Angst“, sagte der Mann, der
       seinen richtigen Namen nicht in der Zeitung lesen will, am Telefon.
       Weshalb? „Zur Gülen-Bewegung zugehörig“, so würde er den Umstand
       beschreiben.
       
       Die Angst, von der er spricht, teilen viele. Seit dem Putschversuch im
       Sommer 2016 gelten viele Gülen-Anhänger als Putschisten und als
       Terrororganisation. Er habe lange überlegt, sagt Payar, und dann
       entschieden, dass der Gang zur Wahlurne zu gefährlich für ihn sei. Sechs
       seiner Bekannten stünden auf der Liste, die der türkische Geheimdienst den
       deutschen Behörden vor Kurzem übermittelt hatte. Freunden sei der Pass
       abgenommen worden. Das könne er nicht riskieren. Denunziationen und offene
       Drohungen sind zu einer Art Hintergrundrauschen der türkischstämmigen
       Community mutiert.
       
       Während vor allem in den sozialen Netzwerken sich der blanke Hass auf viele
       asoziale Arten Bahn bricht, begegnen sich Türkischstämmige im Alltag
       vorsichtiger und misstrauischer. Angespannt, so würden viele die derzeitige
       Stimmung beschreiben.
       
       Eingepackt in signalgelbe Westen, standen die Gegner*innen der
       Verfassungsänderung auf öffentlichen Plätzen und warben für ein hayır, ein
       Nein zum Referendum, und ein freundliches Miteinander. „Uns war es wichtig,
       die kleinen Provokationen zu übergehen und ins Gespräch zu kommen“, sagte
       Ayfer Inci Peköz. Sie wurde häufig beschimpft und zweimal sogar fast
       verprügelt.
       
       In der vergangenen Woche sorgten persönlich adressierte Briefe an türkische
       Staatsbürger*innen für Unruhe in der Community. Den Briefen lagen Flyer und
       ein vom Ministerpräsidenten Binali Yıldırım unterzeichneter Brief bei. Per
       türkischem Gesetz ist Wahlwerbung im Ausland verboten. Die
       Datenschutzbehörde in Berlin hat die türkischen Stellen daher um eine
       Stellungnahme gebeten.
       
       10 Apr 2017
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Ebru Tasdemir
       
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