# taz.de -- „Spiegel“-Spin-off für die Generation 50+: Fast ohne Treppenlift
       
       > Das neue Magazin „Spiegel Classic“ soll Menschen im besten Alter
       > gefallen. Es ist leserorientiert, gediegen und, na ja: sehr verschnarcht
       > geworden.
       
 (IMG) Bild: Im besten Alter – dem Zielgruppenalter der Werbekunden von „Spiegel Classic“
       
       Michael Hoppe ist ein „Snowbird“, also „ein Mensch im Rentenalter, der dem
       Winter entflieht und die kalten Monate in der Sonne verbringt“. Um Snowbird
       sein zu können, braucht man natürlich das nötige Kleingeld, und das hat der
       68-jährige Hoppe, der in Hamburg-Eppendorf lebt, spätestens beisammen, seit
       er mit „Mitte fünfzig“ seine Marktforschungsfirma verkauft hat.
       
       Hoppe ist der Protagonist in einer der großen Geschichten des neuen
       Magazins Spiegel Classic, das sich als „Magazin für die Generation 50+“
       versteht. Als Held taugt Hoppe, weil ein Teil seines Snowbird-Daseins darin
       besteht, mit verschiedenen Projekten Kindern in Namibia zu helfen. Man darf
       vermuten, dass ein Großteil der Leser von Spiegel Classic gern so wäre wie
       Hoppe – und deswegen ist das Porträt angereichert mit praktischen
       Reisetipps für jene, die auch gern in Namibia „überwintern“ würden.
       
       Solche Nutzwert-Elemente, die im Mutterheft nicht denkbar wären, sind
       ohnehin charakteristisch für den neuen Spiegel-Ableger, der mindestens
       viermal pro Jahr erscheinen soll: Ein Kognitionspsychologe hat „exklusiv“
       neun Gedächtnistrainings-Tipps zusammengestellt, eine Reportage über das
       Zusammenleben mehrerer Generationen unter einem Dach wird ergänzt mit
       Empfehlungen für potenzielle Nachahmer, und was man bei Airbnb-Buchungen
       beachten sollte, erfahren die vom Verlag via Magazin-Untertitel angepeilten
       „Menschen mit Erfahrung und Entdeckergeist“ auch noch.
       
       Das Heft ist gegliedert in die Bereiche „Auf der Höhe der Zeit“ (Politik
       und Wirtschaft), „Dossier“ und „In der Mitte des Lebens“ (Kultur,
       Lifestyle, Sport). Die anvisierte Zielgruppe interessiere sich unter
       anderem in starkem Maße für Biografien und zeitgeschichtliche Sachbücher,
       sagt Redaktionsleiterin Susanne Weingarten, die das neue Heft entwickelt
       hat. Daher hat man gleich sechs Seiten mit Sachbuchrezensionen in den
       vorderen Teil eingebunden.
       
       Zu den regelmäßigen Rubriken gehört eine Kolumne, in der Spiegel-Sammler
       Ausgaben oder Titelblätter präsentieren, die ihnen besonders wichtig sind,
       sowie die Serie „Die deutschen Spitzenköche“. Im erwähnten „Dossier“ widmet
       sich Spiegel Classic ausführlich Ereignissen, die die Leserschaft geprägt
       haben dürften. Das Dossier-Thema in der Debütnummer: die erste Mondlandung.
       Es versammelt „die besten Texte über All und Astronauten von 1969 bis
       heute“.
       
       ## Verspieltheit und Witz täten dem Heft gut
       
       Im Unterschied zum Schwesterheft Spiegel Wissen, das zweimonatlich
       Schwerpunktausgaben zu Themen wie „Heimat“ oder „Essen“ präsentiert, sei
       das Layout von Spiegel Classic „aufgeräumt“ und „nicht so verspielt“, sagt
       Redaktionsleiterin Weingarten. Dem gesamten Heft würde ein bisschen weniger
       Aufgeräumtheit und wenigstens ein Hauch Verspieltheit allerdings guttun.
       
       Das Magazin für sehr erwachsene Erwachsene liefert zwar
       Eins-a-Qualitätsjournalismus, wirkt aber allzu gediegen, um nicht zu sagen:
       verschnarcht. Ironie? Witz? Schwer auszumachen. Spiegel Classic mutet so
       berechenbar an wie der Set eines Ü50-Party-DJs.
       
       Spiegel Classic soll „kein Heft über das Älterwerden“ sein, betont
       Redaktionsleiterin Weingarten. Dummerweise hat die Anzeigenabteilung der
       Redaktion einen kleinen, wenn auch wohl unbewussten Streich gespielt: Auf
       der vorletzten Seite platzierten die lieben Kollegen Reklame für
       Treppenlifte. Da wirkt Spiegel Classic dann plötzlich älter, als es sein
       will.
       
       22 Mar 2017
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) René Martens
       
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