# taz.de -- Schweiß und Kraft und Herzblut
       
       > Kino Den Kopf voller Ideen, doch die finanzielle Förderung fehlt – so
       > geht es vielen Nachwuchsfilmern,die dann mit Low und No Budget arbeiten
       > müssen. Ihre Filme zeigt nun das Berlin Student Film Festival
       
 (IMG) Bild: Richard Kranzin beim Dreh seines Kurzfilms „Jannik“ in Lichtenberg. Seine Mitarbeiter: Freunde
       
       von Marc Feuser
       
       Ein typischer Dialog: „Ich mache einen Film, es geht um eine Gruppe
       Jugendlicher, die von einem Festival kommen und …“, erklärt Richard
       Kranzin. – „Haben wir gesehen. Wir melden uns“, entgegnet die
       Filmproduzentin. Aber sie melden sich eben nicht. Jedenfalls nicht mit
       einer Zusage.
       
       So wie Richard Kranzin, einem jungen Filmemacher aus Friedrichshain, geht
       es vielen Filmschaffenden. Den Kopf voller Ideen, doch die wichtige
       finanzielle Förderung fehlt. Und dann? „Werden Freundinnen und Freunde zu
       Szenen-, Masken- und Kostümbildnern – nur dass sie keinen Lohn dafür
       bekommen“, erzählt Kranzin.
       
       Kultur kostet Geld, bringt aber zu wenig ein. Einige dieser Filme, die mit
       wenig Budget und viel Einsatz entstanden sind, bekommen nun ein eigenes
       Festival im Il Kino in Neukölln: Das Berlin Student Film Festival (BSFF).
       Dem Team sei es wichtig gewesen, „studentische Filme auszuwählen, die mit
       Herzblut gemacht sind und den Film als eigene Kunstform verstehen“, sagt
       Justin Merino, einer der Gründer des BSFF. Auch Richard Kranzins „In
       pochenden Zellen“ feiert hier Premiere, ein Film, dessen Story den
       Verleihern laut Kranzin „nicht schwul genug“ ist, um als queerer Genrefilm
       durchzugehen, der aber genau deshalb so sehenswert ist. Ein
       No-Budget-Projekt, das durch Inhalt statt teure Hochglanzbilder überzeugt.
       
       Über 700 Filme von Studierenden seien eingereicht worden, erzählt Justin
       Merino. Ursprünglich hatte man ein „Festival im Netz“ geplant, mit
       Online-Screening, Zuschauer-Voting und virtueller Preisverleihung. „Vielen
       Filmschaffenden reicht es aber nicht, ihre Filme, in die sie so viel
       Leidenschaft, Schweiß und Kraft gesteckt haben, irgendwo anonym im Netz
       hochzuladen. Es gibt unter vielen Newcomern das Bedürfnis nach viel
       Kommunikation und Austausch“, sagt er.
       
       Um diesen Austausch zu fördern, ist das Festival klein gehalten. Keine
       Massenvorführungen mit 500 Menschen. Stattdessen: kleine Kinosäle. Und ein
       Festival, das insgesamt neun Monate dauert. Jeden Monat laufen Filme aus
       einer anderen Kategorie. Nach dem Opening am heutigen Mittwoch widmet man
       sich im April Dokumentarfilmen, in den Monaten darauf Animationsfilmen.
       Damit soll ein Publikum angezogen werden, das sich eher für Filmkunst als
       für aufwändige Produktionen interessiert. Nach jeder Vorstellung soll es
       eine Diskussion geben.
       
       Auch die Jury ist dabei anwesend, sie soll keine anonyme Instanz sein und
       im Gespräch mit dem Publikum begründen, warum ein Film ausgewählt wurde.
       Dass sein Film diese Wertschätzung noch bekommt, ist neu für Kranzin: „Es
       hagelte Absagen – von Produktionsfirmen, um den Film zu finanzieren, von
       Verleihern, um den Film zu veröffentlichen, und von Festivals, die stark
       nach oberflächlichen Merkmalen selektieren.“ Beim BSFF stimmt für ihn
       alles: Es bringe studentische Filme unter die Leute, offline wie online.
       
       Während die meisten Festivals ihre Nominierungen über lieblose Listen
       publizieren, hat das BSFF eine eigene Präsentation auf der Website
       gestaltet: „Wir wollen den Filmmachenden eine Stimme geben“, so Merino.
       Diese Stimme ist wichtig, um im Filmbusiness Fuß zu fassen. Viele kleine
       Schritte sind nötig – Kontakte knüpfen ist die wichtigste Kompetenz. Noch
       bevor ein Film entsteht, entscheiden Filmproduktionsfirmen über den
       potenziellen Erfolg oder Misserfolg des Stoffs – ein Glücksspiel mit
       unternehmerischem Risiko.
       
       Richard Kranzin weiß darum und kämpft für seine Ideen: Das Ziel sind
       Kontakte zu Produktionsfirmen. Als Einzelperson kann er keine Förderanträge
       stellen. Crowdfunding ist als Alternative nicht immer die Lösung: „Gerade
       für Themen, die nicht die breite Masse ansprechen, ist es schwierig,
       genügend Unterstützung zu finden. Dabei sollten gerade die verstärkt
       gefördert werden“, sagt der junge Filmemacher. Ihn bremst das nicht. Zwei
       Tage vor dem Festival hat er den Dreh zu einem neuen Kurzfilm
       abgeschlossen. Auch diesmal mit Bekannten und Freunden am Set, denn die
       finanzielle Förderung fehlt.
       
       Berlin Student Film Festival: ab heute, 18.30 Uhr, Il Kino
       
       22 Mar 2017
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Marc Feuser
       
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