# taz.de -- Radikal ist kein Naturzustand
       
       > SICHERHEIT Wie sich junge Menschen erfolgreich davor bewahren lassen, in
       > den Terror zu ziehen, beriet Innensenator Ulrich Mäurer (SPD) mit zwei
       > Präventions-HelferInnen in der Arbeitnehmerkammer
       
       Bremen ist eine Hochburg des Salafismus. Und das beste Mittel gegen
       Radikalisierung ist Prävention. In der Arbeitnehmerkammer machten sich
       darüber am Freitag auf Einladung der SPD-Innensenator Ulrich Mäurer, André
       Taubert von der Ausstiegsberatung Legato und Mehlike Eren-Wassel von der
       Jugendberatung JAMIL öffentlich Gedanken.
       
       Einig waren sie sich, dass Prävention und Familienarbeit besonders wichtig
       sind. „Bremen hat als erstes Land ein bundesweites Präventionsprogramm
       gefordert“, sagte Mäurer. 28 BremerInnen seien bisher ausgereist, um sich
       dem Islamischen Staat anzuschließen. In mehr als 20 weiteren Fällen sei das
       durch Passeinzug und Meldeauflagen verhindert worden. Ein Drittel der
       Ausgereisten sei bisher zurückgekehrt, so Mäurer, einige möglicherweise
       desillusioniert. Bei den meisten sei aber mit Gefahren zu rechnen.
       „Rückkehrer sind ein massives Sicherheitsproblem“, zumal rechtlich den
       Behörden oft die Hände gebunden wären. Sein Rezept gegen Deutschlands
       Terroristenexport: „Ausreisende ohne deutsche Staatsbürgerschaft sollen in
       ihre Heimatländer zurückgeführt werden“, sagte er unter Beifall. „Es gibt
       aber auch viele deutsche Staatsbürger, die eine Klatsche haben“, fügte er
       hinzu.
       
       Taubert ist Religionspädagoge und arbeitet für die Ausstiegsberatung Legato
       in Hamburg. Er betonte, dass in Deutschland vergleichsweise wenig Ausreisen
       und Anschläge vorkämen. In Frankreich, Großbritannien und Belgien lägen die
       Zahlen wesentlich höher.
       
       „Radikalisierung ist fast immer eine Rebellion gegen das Elternhaus“, so
       Taubert. Häufig kämen IslamistInnen aus Familien, in deren Alltag Religion
       keine Rolle spielt. Umso überraschender sei ein solcher Wandel oft fürs
       Umfeld. Statt Radikalisierung aber für ein Problem von Menschen mit
       Migrationshintergrund zu halten empfiehlt er, sie vor allem als „ein
       Problem junger Menschen“, aufzufassen. Erste Kontakte zur salafistischen
       Szene geschähen stets während der Pubertät. „Wenn Eltern panisch und
       abweisend reagieren, gießen sie Öl ins Feuer“, so Taubert. Solche
       Reaktionen würden das Feindbild stärken, dass der Westen Muslime bekämpfe.
       „Wenn ein pubertierendes Mädchen plötzlich Kopftuch trägt, sollten die
       Reaktionen darauf positiv und anerkennend sein“, so Tauberts Empfehlung.
       
       Eren-Wassel stimmte zu. „Darauf müssen wir mit Akzeptanz und Wertschätzung
       reagieren“, so die Politikwissenschaftlerin. Sie geht aktiv auf junge
       Muslime zu, die Fragen zu Religion, Zugehörigkeit und Identität haben.
       Daneben berät sie auch LehrerInnen und SozialarbeiterInnen, die mit
       Geflüchteten arbeiten. Taubert hält eine bessere Zusammenarbeit zwischen
       Zivilgesellschaft, Behörden und muslimischen VertreterInnen für geboten.
       „Das läuft in Hamburg wesentlich besser“, sagte er. Salafismus dürfe aber
       nicht überbewertet werden. „Letztes Jahr gab es über 1.000 rechtsextreme
       Übergriffe auf Geflüchtete“, sagte er. „Die Gefahr, die von Salafisten
       ausgeht, steht in keinem Verhältnis dazu.“
       
       Sebastian Krüger
       
       20 Mar 2017
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Sebastian Krüger
       
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