# taz.de -- Tränke Donald Trump doch nur Ayahuasca: Wahnsinnsmedizin
Bridge and Tunnel
von Ophelia Abeler
Ich habe in der letzten Woche gar nichts mitgekriegt und dennoch alles. Ich
habe keine Nachrichten geschaut, keine Zeitung gelesen, Donald Trump
komplett aus meinem Leben ausgeblendet, und obwohl ich in Los Angeles war,
habe ich nichts von den Oscars mitbekommen, erst später hörte ich vom
Fauxpas um den besten Film, und jetzt eben, zurück in New York, erfuhr ich,
dass gerade zwei Hammerjobs zu haben sind: Direktor des Metropolitan Museum
oder Architekt der Mauer gegen Mexiko oder beides, wenn Sie sich das
zutrauen. Die meisten Amerikaner haben ja auch mehr als nur einen Job.
Wo war ich, wo ich nichts und dennoch alles mitbekommen habe? Ich war bei
einer Ayahuasca-Zeremonie. Ich kenne all die langweiligen Geschichten von
Kotzeimern, und ich finde, es gibt fast nichts Dümmeres als Journalisten,
die zu Ayahuasca-Zeremonien gehen, um dann aus überheblich-distanzierter
Warte kleingeistige Texte zu schreiben, und die nicht fühlen können, was
da Großes geschieht, das endlich Hoffnung darauf macht, dass die Menschheit
doch noch, zweieinhalb Minuten vor zwölf, erwachen könnte.
Ich kann mir heute, nach diesem Erlebnis, nichts Vergleichbares vorstellen,
das diese Macht besitzen könnte, und ich bin deswegen so hoffnungsfroh wie
noch nie. Der Schamane sagt, „die Pflanze ist aus dem Dschungel gekommen,
weil sie ihre Kinder liebt“. Das gefundene Fressen für kaltschnäuzige
Berichterstatter, die sich gern über „Esoterik“ lustig machen.
Nichts könnte weniger esoterisch sein als dieser Satz, denn nichts ist
weniger exklusiv als der Tod. Nichts sollte uns alle ausnahmslos mehr
beschäftigen als die Frage, wie sich die Erde und damit die Menschheit
vielleicht noch retten lassen könnte.
Ayahuasca ist die älteste Zweikomponentenmedizin der Menschheit; die
Shipibo sagen, dass sie den Tee aus der Liane Banisteriopsis Caapi und den
Blättern des Chacrunastrauchs seit 14.000 Jahren verwenden, um sich mit der
Mutter zu verbinden, mit der Schöpferkraft, dem großen Bewusstsein, das in
der Zeremonie klar fühlbar weiblich erscheint. Der Sud enthält als wirksame
Bestandteile Dimethyltryptamin (DMT) und Monoaminooxidase-Hemmer
(MAO-Hemmer, bekannt aus den Rezepturen klassischer Antidepressiva), welche
den Abbau des DMT verlangsamen. DMT kommt naturgemäß in jedem Lebewesen und
jeder Pflanze vor, und wenn Sie Glück haben und einen guten Tod erleben,
haben Sie einen ordentlich hohen Spiegel davon in Ihrem Gehirn, wenn es so
weit ist, und sind entsprechend gelöst.
Die Food and Drug Administration (FDA) hat, als es dem amerikanischen
Wissenschaftler, Unternehmer und Biopiraten Loren Miller 1986 gelang, ein
Patent auf einen der Stränge der Liane anzumelden, Ayahuasca als Medizin
anerkannt, und zwar als einziges Medikament jemals, das gegen die „big
three“ Krebs, Diabetes und Depression wirkt. Basierend auf Studien,
versteht sich, wir reden hier schließlich von der FDA.
Die Völker des Amazonas klagten mit Unterstützung der United Nations
erfolgreich gegen eine Verlängerung des Patents, was dazu führte, dass die
eben noch als unglaublichste aller Medizinen anerkannte Pflanze von der
Drug Enforcement Administration als „Schedule one drug“ klassifiziert
wurde, also als süchtigmachende Droge ohne jeglichen medizinischen Nutzen.
Lächerlich. Ayahuasca macht nicht süchtig. Je häufiger man es nimmt, desto
scheußlicher schmeckt es, und lustig ist so eine Zeremonie auch nicht
unbedingt, der Erkenntnis der Nondualität, der absoluten Verbundenheit mit
allem, geht oft harte Arbeit voraus, Täler von Tränen. Viele Menschen, die
sich auf Ayahuasca einlassen, sind erstaunlich diszipliniert, trinken
meistens keinen Alkohol, und viele essen auch keine toten Tiere. Die
Bewusstseinsebene, auf der sie mit sich und anderen agieren, ist eine, die
ich vorsichtig mal eine komplett andere nennen möchte als die, auf der zum
Beispiel Donald Trump und seine Leute unterwegs sind, oder anders: Tränke
Donald Trump Ayahuasca, hätten wir kein Problem mit ihm.
Warum aber meine ich, dass ich jetzt so gut Bescheid weiß? Was hat den
lebensverändernden Funken gezündet? Es ist ganz einfach. Ich habe keine
Zweifel mehr daran, dass es keine größere Kraft gibt als die Liebe. Ich
sage Ihnen: Wenn Ihnen an sich selbst gelegen ist, räumen Sie Ihre Zweifel
aus, sie sind die Saat allen Unglücks. Und: Trinken Sie ein Gläschen
Dschungeltee, was glauben Sie denn wohl, wozu er da ist?
Ophelia Abeler ist Kulturkorrespondentin der taz in New York
2 Mar 2017
## AUTOREN
(DIR) Ophelia Abeler
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