# taz.de -- heute in hamburg: „Wut kann produktiv sein“
       
       > LesungFür Fatma Aydemir spielt Wut im Alltag eine große Rolle – das eint
       > sie mit ihrer Protagonistin
       
       taz: Frau Aydemir, in „Ellbogen“ spielt Wut eine große Rolle. Müssen Sie in
       Ihrem Alltag viel Wut unterdrücken? 
       
       Fatma Aydemir: Auf jeden Fall. Wut spielt eine große Rolle in meinem Alltag
       und generell in meinem Leben. Im Vergleich zu der Protagonistin in meinem
       Buch gehe ich damit aber ganz anders um. Wut kann sehr produktiv sein, weil
       sie den Anstoß dazu liefert, Dinge zu hinterfragen und zu verändern. Wütend
       auf sich selbst zu sein, aber auch auf das Umfeld, auf die Art, wie die
       Dinge in der Welt gerade sind, spielt eine große Rolle, um sich zu einem
       mündigen Individuum zu entwickeln.
       
       Wie viel Autobiografie steckt in dem Buch? 
       
       Gar keine. Die Protagonistin ist komplett gar nicht ich, alle Figuren und
       alle Geschichten sind erfunden. „Ellbogen“ ist mein erster Roman. Für mich
       war es interessant zu sehen, wo es Anschlusspunkte an eigene Erfahrungen
       gibt, wenn man etwas von Grund auf erfindet und wie Personen einen an
       welche aus dem eigenen Leben erinnern. Autobiografisch ist es in keiner
       Weise, aber ich kenne die Gefühls- und Gedankenwelt der Protagonistin Hazal
       und auch ihr Umfeld ist mir sehr nah.
       
       Sie arbeiten in Vollzeit als Journalistin. Haben Sie Ihren Debütroman
       nachts geschrieben? 
       
       Ich bin gar nicht der Typ dafür, nachts im Büro romantisch bei Kerzenschein
       zu arbeiten. Für das Buch habe ich mir drei Jahre in Folge für ein paar
       Monate unbezahlt freigenommen. Das war nicht nur wegen der Zeit, sondern
       auch, weil es wichtig war, komplett aus dem Beruf rauszugehen. Ich habe die
       Sommer in Istanbul zum Schreiben verbracht. Das journalistische Schreiben
       stand mir total im Weg, als ich fiktional schreiben wollte. Es wäre der
       schlechteste Roman der Welt, würde man ihn wie eine Reportage schreiben.
       
       Wie kulturell hybrid ist der deutschsprachige Literaturbetrieb? 
       
       Als Journalistin war ich ein-, zweimal bei Buchmessen. Ich habe schon oft
       das Gefühl, dass ich da die einzige Kanakin im Raum bin. Das, was ich
       gesehen habe, kam mir nicht so sonderlich hybrid vor. Klar laufe ich dort
       nicht rum und frage nach der Herkunft der Eltern, aber die Pose des
       deutschen Kulturbetriebs ist keine, die suggeriert: Wir warten hier mit
       offenen Armen und jeder kann mit uns abhängen. Ich glaube, da wird sich in
       Zukunft viel ändern.
       
       Interview: Caren Miesenberger
       
       Lesung „Ellbogen“: 19.30 Uhr, Literaturhaus, Schwanenwik 38, Karten:
       www.literaturhaus-hamburg.de
       
       1 Mar 2017
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Caren Miesenberger
       
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