# taz.de -- Zwangsräumung in Berlin-Friedrichshain: Gerichtsvollzieherin blockiert
       
       > Weil seine Wohnung angeblich zu voll ist, sollte ein Mieter in
       > Friedrichshain zwangsgeräumt werden. Das wurde durch einen Protest
       > vorerst verhindert.
       
 (IMG) Bild: Manchmal hilft auch Ironie im Häuserkampf – zumindest ein bisschen (Archivbild)
       
       Die Begründung ist abenteuerlich, das Ziel meist dasselbe: Weil seine
       Wohnung so vollgestellt sei, sollte ein Mieter im Friedrichshainer Südkiez
       aus seiner sehr günstigen Wohnung zwangsgeräumt werden. Am Montagvormittag
       rückte die Gerichtsvollzieherin an. Vorangegangen waren zwei
       Gerichtsprozesse. Mit einer Sitzblockade konnten 20 Aktivisten und Freunde
       die Räumung vorerst verhindern.
       
       Stefan, der seinen Nachnamen nicht öffentlich machen möchte, ist ein
       umtriebiger Rechercheur, der alles mögliche Material sammelt und es
       politischen Initiativen, mit denen er vernetzt ist, zur Verfügung stellt.
       Allerdings hat der Mittfünfziger Schwierigkeiten, die ganzen Bücher,
       Broschüren und Zeitungen zu ordnen und unterzubringen. Zudem greift er als
       ALG-II-Empfänger gern bei kostenlosen Gebrauchsgegenständen zu.
       
       So hat er seine Einzimmerwohnung dermaßen zugestellt, dass es irgendwann
       der Hausverwaltung aufgefallen ist. Seit Langem versucht sie, diesen
       Zustand zu beenden. Allerdings muss eine Gefährdung des Gebäudes (Statik,
       Brandschutz, Hygiene und so weiter) vorliegen, um jemandem diesen
       Lebensstil zu verbieten.
       
       Eine solche Gefährdung sah im vergangenen Jahr eine Richterin am
       Amtsgericht nicht gegeben. Sie hatte die Wohnung besichtigt. Auf der
       Grundlage ihres schriftlichen Berichts kam dann aber die Richterin am
       Landgericht in der zweiten Instanz zum gegenteiligen Urteil – ohne weitere
       Begehung. Sie wirft dem Mieter eine Zweckentfremdung der Wohnung als Lager
       vor und liest aus dem Bericht ihrer Kollegin heraus, der Brandschutz sei
       erheblich beeinträchtigt.
       
       ## „Hanebüchenes Urteil“
       
       Das Räumungsurteil nennt der Anwalt des Mieters, Marek Schauer, in einer
       schriftlichen Stellungnahme „hanebüchen“. Revision ließ die Richterin aber
       nicht zu, und das Landesverfassungsgericht will keine einstweilige
       Verfügung gegen die Räumung erlassen.
       
       Am Montag versammelten sich deshalb rund 20 Menschen, zum Teil mit
       Schildern gegen Zwangsräumungen, im Hof und an den beiden Zugängen des
       betroffenen Hauses. Ein Vertreter der Hausverwaltung war vor Ort, die
       Gerichtsvollzieherin ließ sich aber nicht blicken. Nach über einer Stunde
       inspizierten zwei Polizisten die Sitzblockade im Treppenhaus zu der
       Wohnung. Bis zum Nachmittag kam niemand, um die Räumung durchzusetzen.
       
       Der entscheidende Hintergrund in diesem Fall dürfte zum einen sein, dass
       das betreffende Haus bekannten Immobilienspekulanten gehört, und zum
       anderen, dass der Mieter für seine 34 Quadratmeter in der Grünberger Straße
       nur 153 Euro Kaltmiete zahlt.
       
       24 Jan 2017
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Ralf Hutter
       
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