# taz.de -- Die Wahrheit: Stille Nacht in Edinburgh
       
       > Die schottische Hauptstadt feiert Silvester ganz groß. Die Fundamente
       > beben und Kleintiere bekommen Petersilie in die Ohren gestopft – wegen
       > der Böller.
       
 (IMG) Bild: Plant ein weiteres Referendum: die Erste Ministerin von Schottland, Nicola Sturgeon
       
       Es war laut wie immer. Edinburgh rühmt sich für das größte
       Silvesterspektakel Europas, und es dauert drei Tage. Hogmanay, so heißt das
       Fest, begann schon am Freitag mit einer Prozession von 10.000
       Fackelträgern, angeführt von 30 selbst ernannten Wikingern von den
       Shetland-Inseln und vier ohrenbetäubenden Dudelsackkapellen.
       
       Am Samstag kamen 80.000 Menschen in die Innenstadt, um der Indie-Band
       Frightened Rabbit zu lauschen. Höhepunkt war ein gigantisches Feuerwerk,
       das oben auf der Burg abgefeuert wurde und noch in 50 Kilometern Entfernung
       zu sehen und zu hören war.
       
       Es war vielleicht das letzte Mal. Die Tory-Stadträtin Joanna Mowat will das
       Feuerwerk zum Schweigen bringen. Das Geknalle versetze Kleinkinder und
       Tiere in Angst und Schrecken, argumentiert sie: Kühe geben saure Milch,
       Hühner legen weniger Eier, Schafe bekommen ein graues Fell und „rabbits“
       seien „frightened“, warnte Mowat. Mowat hat durchgesetzt, dass sich eine
       Untersuchungskommission mit ihrem Vorschlag beschäftigt, künftig nur noch
       geräuschloses Feuerwerk zuzulassen. Im März soll der Bericht vorliegen.
       
       ## Tiere zu Hause einschließen
       
       Penny Dougherty, die das Hogmanay-Fest im Auftrag der Stadtverwaltung
       organisiert hat, behauptet dagegen, dass Edinburgh locker mit Sydney, Dubai
       und Rio mithalten könne, was das Silvesterfest betreffe – solange es
       ordentlich knallt. Man müsse die Tiere eben zu Hause einschließen und den
       Kleinkindern Petersilie in die Ohren stopfen. Hogmanay spüle schließlich 42
       Millionen Pfund in die städtische Kasse.
       
       Mowat lässt finanzielle Gründe nicht gelten. Als leuchtendes Beispiel führt
       sie Disneyland bei Paris an, wo seit 2015 nur noch stilles Feuerwerk
       gezündet werden darf. Ein großartiger Vergleich: Edinburgh als Disneyland
       mit Schottenrock und Dudelsack?
       
       Mowat mutmaßt, dass die durch das Feuerwerk ausgelösten Vibrationen
       vielleicht sogar Gebäude zum Einstürzen bringen könnten. Edinburgh ist also
       doch nicht Disneyland, sondern das schottische Jericho, die tiefstgelegene
       Stadt der Welt, deren Stadtmauern durch den Klang von sieben Trompeten zum
       Einsturz gebracht wurden? Das ist durchaus möglich.
       
       ## Gefahr durch Dudelsäcke
       
       Die schottische Hauptstadt ist allerdings nicht durch Trompeten, sondern
       durch Dudelsäcke gefährdet. Während der Tourismussaison sind in der
       Innenstadt mehr Piper unterwegs als die berüchtigten kleinen Stechmücken.
       
       Ist der Brexit vollzogen, wird sich Mowats Lärmproblem von selbst
       erledigen. Denn die lauten Böller stammen aus dem China der Song-Dynastie,
       und Italiener haben später zünftige Feuerwerkskunst entwickelt. Also
       ausländischer Mist, der im Königreich nach dem Abgang nichts mehr zu suchen
       hat. Und der Dudelsack genauso wenig. Er wird aus Grenadill-Holz
       hergestellt, das es dort nicht gibt. Stattdessen könnten sich die Piper
       einen Brit-Tintenfisch unterklemmen und dazu per Mund Quakgeräusche machen.
       
       Frohes, ruhiges Neues Jahr, liebe Leserinnen und Leser!
       
       3 Jan 2017
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Ralf Sotscheck
       
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