# taz.de -- Tod eines Seglers: Tüftler am Wind
       
       > Paul Elvstrøm war einer der erfolgreichsten Regattasportler. Seine
       > zahlreichen Erfindungen haben das Segeln revolutioniert. Ein Nachruf.
       
 (IMG) Bild: Nimmermüde: 1984 segelt Paul Elvstrøm mit Tochter Trine vor Los Angeles um olympische Ehren
       
       BERLIN taz | Kein Segler hat so viele Olympia-Medaillen und WM-Titel in
       unterschiedlichen Bootsklassen errungen wie der Däne Paul Elvstrøm. Viermal
       hintereinander Olympia-Gold und elf Weltmeistertitel gewann er zwischen
       1948 und 1974. 1984 wurde er in Los Angeles mit 56 Jahren bei seiner achten
       Olympiateilnahme mit seiner Tochter Trine an der Vorschot noch Vierter im
       Tornado-Katamaran, einer rasanten Bootsklasse, die damals nur Jüngere
       segelten.
       
       Elvstrøm ist eine internationale Segellegende, der dänische Superstar des
       Regattasports. 1996 wurde er in seiner Heimat zum „Dänischen Sportler des
       Jahrhunderts“ gekürt. Sein Segel-Olympiamedaillenrekord wurde erst 2012 von
       dem Briten Ben Ainslie gebrochen, der noch eine Silbermedaille mehr gewann
       als der sympathische Däne.
       
       Der gelernte Maurer Elvstrøm aus Kopenhagen, Sohn eines früh gestorbenen
       Kapitäns, wurde von seiner Mutter allein aufgezogen. Er soll ein schlechter
       Schüler gewesen sein. Statt zu lernen, verbrachte er seine Zeit lieber auf
       dem Wasser, wo er bald nichts mehr dem Zufall überließ, sondern zu einem
       innovativen Perfektionisten wurde.
       
       Er propagierte nicht nur das körperliche Fitnnesstraining, sondern
       trainierte auch im Winter auf dem kalten Wasser und revolutionierte den
       Regattasport durch neue Körpertechniken wie technische Entwicklungen, die
       heute aus dem Sport nicht mehr wegzudenken sind.
       
       ## Nimmermüder Erfinder
       
       So führte Elvstrøm [1][Ausreitgurte] ein. Diese Fußschlaufen ermöglichen
       Seglern, weiter außenbords zu hängen und so das Boot aufrechter und damit
       schneller zu segeln. Elvstrøm entwickelte dafür eine Hängebank, um an Land
       zu üben und die Bauchmuskeln zu trainieren. Er verhalf auch dem
       Großbaumniederholer zum Durchbruch: eine [2][Talje], mit der sich die
       Biegung des Mastes und das Profil des Segels besser einstellen lässt.
       
       Er entwickelte den [3][Selbstlenzer], ein Metallventil im Rumpf, das bei
       Fahrt Spritzwasser aus dem Boot saugt oder nach einer Kenterung überhaupt
       erst das Weitersegeln ermöglicht. Ebenso propagierte Elvstrøm den
       [4][Knarrblock], Dank dessen sich Schoten kraftsparend halten lassen. Zudem
       entwickelte er körperenge Schwimmwesten für Regattasegler.
       
       Der Name Elvstrøm wurde zu einer Marke für schnelles Segeln. Er schrieb
       Bestseller über erfolgreiches Regattasegeln, gründete eine Segelmacherei,
       die noch heute seinen Namen trägt, und konstruierte Masten und Boote. Er
       war laut dem Fachportal [5][Segelreporter.com] einer der ersten, die vom
       Regattasegeln leben konnten.
       
       ## Legendenumwogtes Leben
       
       Das kollidierte mit dem damals bei Olympia noch vorgeschriebenen
       Amateurstatus, wurde vom IOC aber nicht sanktioniert. 1970 ließ er sich von
       einem französischen Baron für dessen Kampagne zum Gewinn des
       prestigeträchtigen [6][Americas Cup] anheuern. Doch als dieser seine
       revolutionären Ideen nicht alle mitragen wollte, schmiss Elvstrøm hin.
       
       Um ihn ranken sich zahlreiche Legenden. So soll er sich einmal bei einer
       Regatta ein Bein gebrochen haben, das er notdürftig mit einem Paddel
       schiente, um das Rennen segelnd beenden zu können. Ein anderes Mal fiel
       sein Vorschoter unmittelbar vor einer Weltmeisterschaft aus. Elvstrøm
       gabelte er einen neuen Mitsegler vom Strand auf, hängte sich selbst
       steuernd ins Trapez und wurde Zweiter.
       
       Zuletzt machte er Schlagzeilen, als sein Trimaran vor Dänemark kenterte und
       er die ganze Nacht auf dem gekenterten Rumpf verbrachte, bevor er am
       nächsten Tag gefunden wurde. Die sportlichen Gegner des bescheiden
       gebliebenen Dänen loben seine seine Fairness. Sein berühmtester Satz hierzu
       lautet: „Wenn man auf dem Weg zum Sieg den Respekt der Gegner verliert, hat
       man nichts gewonnen.“
       
       Elvstrøm starb am Mittwoch in seinem Haus im Kopenhagener Vorort Hellerup
       im Alter von 88 Jahren.
       
       8 Dec 2016
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://de.wikipedia.org/wiki/Ausreiten_(Segeln)
 (DIR) [2] https://de.wikipedia.org/wiki/Talje
 (DIR) [3] https://de.wikipedia.org/wiki/Lenzen_(Wasser)
 (DIR) [4] https://de.wikipedia.org/wiki/Block_(Schifffahrt)
 (DIR) [5] http://segelreporter.com/
 (DIR) [6] https://www.americascup.com/
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Sven Hansen
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Goldmedaille
 (DIR) Schwerpunkt Olympische Spiele 2024
 (DIR) Erfindungen
 (DIR) Stars
 (DIR) Segeln
 (DIR) Segeln
 (DIR) Segeln
 (DIR) Segeln
 (DIR) Segeln
 (DIR) Segeln
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Segelregatta Sydney-Hobart: „Wild Oats“ siegt im Hochseeklassiker
       
       Bei Australiens Segelregatta des Jahres gelingt dem früheren
       Abonnementsieger „Wild Oats XI“ nach drei enttäuschenden Jahren wieder ein
       Sieg.
       
 (DIR) Segelregatta in Hamburg: Frauenpower an Bord
       
       Der Helga Cup ist der weltweit größte Wettbewerb nur für Frauen. In einem
       männerdominierten Sport soll er ein Schritt zu mehr Selbstverständlichkeit
       sein.
       
 (DIR) In vier Jahren um die Welt gesegelt: „Machos suchen den Kapitän“
       
       Die Hamburgerin Mareike Guhr über eine maritime Herausforderung, der sich
       vor ihr nur wenige Frauen gestellt haben.
       
 (DIR) Segelunglück im Pazifik: Verschollen auf politischer Mission
       
       Beim Versuch, in Rekordzeit über den Pazifik zu segeln, verschwindet der
       Chinese Guo Chuan. Sein Boot wurde gefunden – ohne ihn.
       
 (DIR) Regatta von Sydney nach Hobart: „Comanche“ siegt überragend
       
       Die Superyacht des Netscape-Gründers gewinnt den australischen
       Hochseeklassiker trotz Beschädigung nach gesegelter Zeit.