# taz.de -- Familiengewitter
       
       > LiteraturDie Eltern der Autorin Julia Zange wollen den Roman
       > „Realitätsgewitter“ verbieten lassen
       
       Die Liste der Romane, die in Deutschland nicht verkauft werden dürfen,
       könnte sich verlängern. Die Eltern der Schriftstellerin Julia Zange haben
       eine einstweilige Verfügung gegen deren zweiten Roman „Realitätsgewitter“
       beantragt. Die Beschwerde lässt vermuten, dass sie sich in dem Roman ihrer
       Tochter wiederfinden und in ihrer Integrität gestört fühlen. Nun machen sie
       dieses Problem zur öffentlichen Debatte und versuchen, das Buch auf
       juristischen Wegen vom Markt zu nehmen. Julia Zange ihrerseits ruft
       daraufhin in einem Facebookpost dazu auf, sich nun noch schnell den Roman
       zu besorgen, bevor es zu spät sein könnte. Kunstfreiheit versus
       Persönlichkeitsrechte, in dieser Sache muss jetzt also ein Gericht
       entscheiden.
       
       „Ich frage die Sterne und sie verstummen“ heißt das Kapitel, in dem Zange
       die schwierigen Familienverhältnisse ihrer Protagonistin Marla explodieren
       lässt. Marla lebt in Berlin und hat ihre Familie längst abgeschrieben. Sie
       lässt wenig feste Beziehungen in ihrem Leben zu und versucht die Leerstelle
       mit Liebschaften, One-Night-Stands und Drogen zu füllen. Einzig ihre Oma
       schätzt Marla noch, in einem Anflug von Pflichtgefühl fährt sie zu deren
       90. Geburtstag nach Hause.
       
       Von vornherein ist die Stimmung angespannt, und Marla hat so gar keine
       Lust, ihre Eltern zu sehen, sie fühlt sich fremd in ihrem ehemaligen
       Zuhause. Als sie auf ihre Mutter trifft, ist Marla wie gelähmt: „Wir
       mustern uns wie zwei Raubtiere, die wissen, dass sie sterben könnten, wenn
       sie nur eine falsche Bewegung machen.“ Die Situation eskaliert. Die Mutter
       beschimpft ihre Tochter als undankbares Problemkind, in einer dramatischen
       Klimax zertrümmert sie die Inneneinrichtung und wirft Marla zuletzt das
       Wort „Prostituierte“ an den Kopf. Die klatscht ihr wutentbrannt eine
       Ohrfeige auf die Wange. Verachtend zischt die Mutter: „Du ekelst mich an
       ... Es ist widerlich, Marla. Widerlich … Du bist ein Teufel.“ Überstürzt
       flüchtet Marla ans Meer.
       
       Offenbar können die realen Eltern das Porträt der fiktiven Eltern im Roman
       nicht tolerieren. Dabei strahlt der Roman eine innere
       Selbstverständlichkeit aus, die den Leser von sich aus nicht auf die Idee
       bringt, einen Bezug zur Wirklichkeit herzustellen. Man legt das Buch mit
       der gleichen Schwermütigkeit weg, die die Seiten ausstrahlen. Das zeugt vom
       literarischen Können Julia Zanges. Wie das Gericht entscheidet, bleibt
       abzuwarten. Katharina Schantz
       
       14 Dec 2016
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Katharina Schantz
       
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