# taz.de -- heute in hamburg: „Erleben einen Durchbruch“
> ExtremismusDer Politologe Gideon Botsch spricht über die extreme Rechte
> und den Erfolg der AfD
taz: Herr Botsch, ist die extreme Rechte heute stärker als kurz nach dem
Zweiten Weltkrieg?
Gideon Botsch: Nein, vor allem weil sie nach dem Krieg eine große Zahl von
Heimatvertriebenen und Flüchtlingen und eine große Anzahl früherer
Nationalsozialisten, die noch nicht wieder in Lohn und Brot standen, als
Rekrutierungspotenzial hatte. Und zwar für offen rechtsextreme, teilweise
auch offen neonazistische Organisationen.
Das heißt, der Erfolg der AfD vermittelt ein falsches Bild?
Die AfD ist bisher keine offen rechtsextremistische Partei. Sie ist eine
Sammlungsbewegung mit einem rechtsextremen Flügel, der in den vergangenen
Jahren an Bedeutung gewonnen hat. Sie spielt sehr geschickt damit, dass sie
den Weg in den verfassungsfeindlichen Rechtsextremismus bisher nicht offen
gegangen ist.
Sind rechtsradikale Einstellungen verbreiteter als früher?
Die Einstellungswerte sind über die Jahrzehnte konstant geblieben und im
europäischen Vergleich nicht bemerkenswert. Wenn man aber nach
organisierten Strukturen und Netzwerken im Rechtsextremismus fragt, nach
Akteuren, dann muss man ein anderes Bild zeichnen.
Wäre Pegida ein Akteur?
Die AfD wäre ein Akteur, allerdings kein rechtsextremer. Pegida ist ein
diffuses Phänomen, in dem offener Rechtsextremismus sich mit nicht
rechtsextremen Positionen zu vermischen vermochte.
Schwer rechtsextrem wäre der sogenannte Nationalsozialistische Untergrund?
Es sind auch die vielen Verlage, Parteien und Jugendverbände, die seit
Jahrzehnten bestehen und von solchen Mobilisierungswellen zu profitieren
versuchen. Wenn diese Wellen abebben, bleibt ein rechtsextremes Milieu und
bleiben bestimmte organisatorische Verbindungen, die dazu geführt haben,
dass das rechtsextreme Lager Jahrzehnte bestanden hat.
Dann erleben wir also gerade gar nichts Neues?
Doch, wir erleben einen Durchbruch, der dazu geführt hat, dass bestimmte
Formen der Abgrenzung nicht mehr wirksam sind. Wir erleben eine
Möglichkeit, Dinge auszudrücken, in Parlamenten, auf der Straße oder in den
sozialen Medien, die wir in dieser Form jahrzehntelang nicht erlebt haben.
Interview: Gernot Knödler
Diskussion „‚Nationale Opposition‘ in der demokratischen Gesellschaft“,
Gideon Botsch im Gespräch mit dem Historiker Oliver von Wrochem: 18.30 Uhr,
Forschungsstelle für Zeitgeschichte, Beim Schlump 83
1 Dec 2016
## AUTOREN
(DIR) Gernot Knödler
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