# taz.de -- Die Sonne verschwindet hier für sechs Monate, während die Sonne in meinem Land aus Kunststoff war: Der Prophet Kiki
       
       Warum so ernst? 
       
       Aboud Saeed 
       
       Ich interessiere mich für nichts. Ich habe weder einen Anfang noch einen
       Kopf, dem ich einen Tritt versetzen könnte. Alles Ferne gehört zu mir und
       ist mit mir verwandt. Ich brauche entweder ein Fernglas oder die Augen von
       Zarqa’ al-Yamama, um mich mit meinen Freunden zu vergnügen. Ich träumte
       viel; viel mehr als ich sollte. Meine Träume wuchsen, kletterten hoch und
       spendeten obendrein Schatten. Sie wurden wie eine Kuh. Manche nannten sie
       gar eine verrückte Kuh. Ich bin ein wilder Stier; ich habe weder ein Ende
       noch eine Tür zur Reue, auf die ich zusteuern könnte.
       
       Mein Zustand nagte an meinen Nerven. Ich hatte einen Nerv, den meine
       Geliebte produzierte und den die Türken durchtrennten. Ich sollte, sagten
       sie, den Krankenwagen testen; aber diesmal von innen. Die Bevölkerung im
       Krankenhaus bestand allein aus mir. Jeden Morgen stellte eine schöne junge
       Frau Rosen neben meinen Kopf. Ich verließ das Krankenhaus, stieg in ein
       Taxi zum Flughafen und kam nach Berlin. Nun gehe ich auf der Berliner Mauer
       entlang, halte ich mich aus allem heraus und sage: Gott bewahre mich vor
       allem.
       
       Ich mogle mich hier durch. Ich trickse die Ärzte aus, lerne die kranken
       Kollegen kennen, belüge die Deutschlehrerin und strecke die Hand hoch wie
       ein Lügner in Assads Schulen: „Ich habe Bauchweh und muss heim.“ Die
       Lehrerin freut sich sehr, wenn ich sie um Erlaubnis bitte. Sie sagt mir,
       ich sei ein sehr sympathischer Mensch. Ich sage ihr: „Ich schreibe einen
       Artikel über Deutschland, um meinen Freund, den Dichter, der über die
       Flüsse und die blonden Frauen in Deutschland schrieb, zu ärgern.“ Es war
       einmal eine blonde Frau, schrieb er. Sie lebte in Manbidsch und alle jungen
       Männer träumten von ihr. Er träumte vom deutschen Volk und seiner
       ruhmreichen Zivilisation und seinen guten Absichten. Meine Absichten sind
       allesamt schlecht. Die Sonne verschwindet hier für sechs Monate, während
       die Sonne in meinem Land, die uns Adnan Hamdan vierzig Jahre lang im
       Wetterbericht zeigte, aus Kunststoff und mit Magnet befestigt war, so dass
       Adnan sie gen Osten bewegen konnte, wie es ihm gerade passte. Eines Tages
       richtete er sie sogar dorthin, wo meine Freundin lebte. Damit verursachte
       er Verbrennungen auf ihrer Haut.
       
       Sie, meine Freundin, sagte, es sei Bräune. Ich sagte: „Du bist Jennifer
       Lopez und ich bin der Prophet Kiki.“ Ich bin ein Prophet, mich hat keiner
       gesandt und ich habe keinen Stab, den ich in eine Schlange verwandle. Ich
       bin ein Prophet, jedes Mal, wenn meine Hand das Gesicht eines Menschen
       berührt, verdorrt es und erkrankt unheilbar. Ich stehe in der langen
       Schlage vor dem Amt, um die monatliche Unterstützung zu bekommen. Ich bin
       ein Prophet, der sein Geld für Haschisch, Bier und Zucker ausgibt. Der
       Süßigkeiten und Zucker liebt, immerzu auf die Festtage wartet. Die Menschen
       feiern meinen Geburtstag nicht wie den aller Propheten. Ich bin ein
       Prophet, der gern Tee trinkt, hustet, rülpst. Ich bin ein Prophet, der sich
       dreht und dreht und dreht und sich für nichts interessiert.
       
       Übersetzung: 
       
       Mustafa Al-Slaiman
       
       28 Nov 2016
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Aboud Saeed
       
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