# taz.de -- Missbrauch im englischen Fußball: Nachspielzeit
       
       > Ex-Profi Andy Woodward hat eine Lawine ins Rollen gebracht. Wie
       > systematisch waren sexuelle Übergriffe, die Trainer an Kindern begingen?
       
 (IMG) Bild: Sie klagen an: Andy Woodward, David White und Paul Stewart
       
       London taz | Vor zwei Wochen enthüllte Andy Woodward, der ehemalige
       Fußballprofi von Sheffield United und FC Bury, die Tatsache, dass er in
       seiner Jugend wiederholt sexuell misshandelt worden ist. Als Täter nannte
       er seinen damaligen Fußballtrainer, Barry Bennell. Bennell, 62, wurde
       bereits wiederholt wegen sexueller Übergriffe an Kindern zu
       Freiheitsstrafen verurteilt, unter anderem in den USA, wo man ihm 1992 das
       erste Mal sexuelle Vergehen an Kindern in einem Ferienlager nachweisen
       konnte.
       
       1998 wurde er in England zu neun weiteren Jahren Freiheitsstrafe für
       insgesamt 23 Delikte verurteilt; 21 weitere Anschuldigungen wurden in
       diesem Urteilsspruch nicht berücksichtigt. Derzeit sitzt Bennell eine
       dritte, diesmal zweijährige Haft wegen Übergriffen an einem im Jahr 1980
       12-jährigen Jungen ab.
       
       Woodward sagte in einem Interview, dass er 30 Jahre brauchte, um über das,
       was ihm widerfahren war, sprechen zu können. Er hoffe, dass andere durch
       seine Aussagen gleichfalls die Stärke finden können, ähnliche schlimme
       Erfahrungen zu offenbaren. Bereits sechs Tage später verlautete der
       Exfußballer Steve Walters, 44, ebenfalls im Guardian, dass er ebenfalls von
       Bennell misshandelt worden ist, als dieser dessen Jugendtrainer beim Crewe
       Alexander FC in Nordengland war.
       
       Weitere Aussagen folgten. David White, 52, der einst für Manchester City
       spielte, verwies ebenfalls auf Bennell, während der ehemalige englischen
       Nationalspieler Paul Stewart, 52, auf einen ungenannten anderen
       Fußballtrainer deutete. Alle Opfer vermuten, dass es noch mehr ehemalige
       Fußballspieler gibt, die in ihrer Jugend sexuell misshandelt wurden. Der
       Guardian will bereits von einem weiteren, bisher nur anonym auftretenden
       Fußballspieler wissen, der von einem Trainer des Fußballvereins Newcastle
       United missbraucht worden sein soll.
       
       ## 50 Anrufe bei einer Notruf-Hotline
       
       Nach den ersten vier Offenbarungen reagierte auch die britische nationale
       Kinderschutz-Gesellschaft NSPCC und der englische Fußballverband FA, indem
       sie eine speziellen Notrufnummer für die Opfer sexueller Kindesmisshandlung
       im Fußball einrichteten. Die Nummer diene dazu, den Opfern adäquate
       Betreuung anzubieten und das Erlebte loszuwerden sowie diese Vergehen
       aufzunehmen. Bei Minderjährigen würde dabei auch sofort die Polizei
       unterrichtet, um sicherzustellen, dass gefährdete Kinder in Sicherheit
       sind. Schon am allerersten Tag der Freischaltung der Hilfsnummer zählte die
       NSPCC über 50 Anrufe.
       
       Manchester City erklärte inzwischen, dass man eine Untersuchung aufgrund
       der Anschuldigungen eingeleitet hätte. Auch der Verein Crewe Alexander
       machte am Samstag deutlich, dass sie die Art und Weise, wie der Verein in
       der Vergangenheit mit dem Thema des sexuellen Missbrauchs umging,
       untersuchen werden. Hier hatte es bereits Anschuldigungen von einem
       ehemaligen Vorstandsmitglied gegeben, dass der Verein Bendell eingestellt
       hatte, obwohl es ernsthafte Bedenken im Klub gab.
       
       Der ehemalige DJ und BBC-Moderator Jimmy Savile soll zu seinen Lebzeiten
       bis zu 1.000 Mädchen und Jungen sexuell misshandelt haben. Das war vor
       allem deswegen möglich, weil ihn zahlreiche Stellen und Kollegen deckten.
       Nun scheint auch der englische Fußballwelt seine Täter zu haben. Wegen
       Savile und anderen läuft bereits eine große Regierungsuntersuchung in
       Großbritannien, welche in der Vergangenheit an Kindern begangene
       Sexualstraftaten aufarbeiten soll. Die neuen Anschuldigungen im englischen
       Fußball werden zweifellos den Umfang dieser Untersuchung erweitern.
       
       Gleich vier unterschiedliche Polizei-Einheiten sollen die Vorwürfe
       aufklären. Das wurde am Samstag bekannt gegeben. Die Ermittlungen laufen
       über die Metropolitan Police, die größte Polizei-Einheit Großbritanniens,
       sowie die Hampshire Police, Cheshire Police und Northumbria Police. Die
       drei letztgenannten Abteilungen untersuchen mögliche Vorkommnisse im Süden,
       Nordwesten und Nordosten Englands.
       
       28 Nov 2016
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Daniel Zylbersztajn
       
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