# taz.de -- taz. thema : Härter als ein Härtefall
       
       > SPENDEN Die Situation der Flüchtling in Berlin hat sich verbessert, die
       > Helfermaschinerie professionalisiert. Doch in den Notunterkünften wird
       > nach wie vor vieles gebraucht – BVG-Tickets und Geld ebenso wie Zeit und
       > Engagement für die Geflüchteten
       
 (IMG) Bild: Frohes oder Fxxx Fest? Nicht alle haben Grund zu feiern
       
       von Christine Berger
       
       Vor einem Jahr waren Bilder von Säcken voller Kleider schleppender Berliner
       auf dem Weg zum Flüchtlingsheim alltäglich. In den Kleiderkammern kamen die
       Ehrenamtlichen an ihre Grenzen, denn – wohin mit dem ganzen Zeug? Heute ist
       die Situation wesentlich entspannter. Nicht nur, weil viel weniger
       Geflüchtete täglich in Berlin ankommen, sondern auch, weil die
       Helfermaschinerie sich professionalisiert hat. Listen im Internet geben für
       fast jedes Flüchtlingsheim genau an, was gebraucht wird, und das sind in
       erster Linie Tickets für den öffentlichen Nahverkehr, Prepaid-Karten für
       Handys oder Gutscheine für Drogeriemärkte.
       
       In den letzten Monaten ist „die Spendenbereitschaft klar zurückgegangen“,
       erklärt Katharina Müller vom Berliner Flüchtlingsrat. Seit die Flüchtlinge
       mehr oder weniger aus den Medien verschwunden seien, riefen weitaus weniger
       Leute an, die helfen oder spenden wollten. „Dabei ist der Bedarf für
       Familien in finanziellen Notlagen unheimlich hoch“, so Müller. Häufig
       müssten sie darüber entscheiden, welcher Härtefall noch härter sei. Mit
       dem Nothilfefonds ermöglicht der Flüchtlingsrat unter anderem
       Familienzusammenführungen. Zwar meldeten sich immer noch regelmäßig
       Menschen, die ehrenamtlich helfen wollten, die Hilfswilligen, dauerhaft bei
       der Stange zu halten, sei ein Problem.
       
       Ähnliches berichten auch andere Initiativen, etwa das Tandem-Projekt „Start
       with a friend“, das Freundschaften zu Flüchtlingen fördert. Derzeit
       engagieren sich rund 500 „Locals“ und treffen sich mit Geflüchteten. Doch
       auch hier hapert es mit langfristigen Bindungen, manche springen schnell
       wieder ab. Darum wendet sich das Projekt immer wieder an die
       Öffentlichkeit: „Je mehr Werbung wir machen, desto voller wird es“,
       resümiert Rodenfels im Hinblick auf die Infoveranstaltungen, die mehrmals
       monatlich in mehreren Bezirken stattfinden. Nach wie vor laufe es „gar
       nicht so schlecht“, so Rodenfels. Das Interesse vonseiten der MigrantInnen,
       Einheimische kennenzulernen, sei sowieso groß, 250 stünden auf der
       Warteliste.
       
       Bei der Stiftung ‚„Gute Tat“, die noch vor einem Jahr bei der
       Flüchtlingshotline täglich rund 50 Anrufe von Hilfswilligen registriert
       hatte, ist es ebenfalls ruhiger geworden. Im Schnitt rufen fünf
       Interessierte täglich an. Zur Werbung setzt die Stiftung auf
       Pressekooperationen und Postkarten. Auch die Art der ehrenamtlichen Arbeit
       hat sich verändert: Es gehe oft um „spezielle“ Hilfe, so Lorenz Lauer,
       Koordinator der Flüchtlingshotline, zum Beispiel bei Problemen mit den
       Ämtern.
       
       Dass insgesamt weniger Hilfe benötigt wird, macht sich auch bei einigen
       Initiativen bemerkbar. Zahlreiche Internetportale werden nicht mehr
       gepflegt, und manche Hilfsprojekte sind schlicht eingeschlafen. Das heißt
       natürlich nicht, dass die Probleme gelöst sind. Zeit- und Geldspenden seien
       nach wie vor nötig, so Diana Henniges, Vorstandsmitglied von Moabit hilft.
       Ihr Verein vermittelt unter anderem Überbrückungsgelder und Beiträge für
       Flugtickets, wenn jemand wieder zurück in seine Heimat will. Um Spenden
       müssten sie sich aber sehr bemühen – „auf Veranstaltungen gehen, Kontakte
       zur politischen Ebene halten und lokale Unternehmen ansprechen“.
       
       Katharina Müller vom Flüchtlingsrat verweist auf die Treue vieler
       regelmäßig zahlenden Mitglieder: „Wir sind glücklich über jeden Betrag für
       den Nothilfefonds und unsere politische Arbeit.“ Vom Senat fordert der
       Flüchtlingsrat unter anderem, Geflüchtete statt in Heimen von Anfang an in
       Wohnungen unterzubringen. Statt wie derzeit geplant 6.000 müssten 50.000
       auch für Flüchtlinge bezahlbare Wohnungen gebaut werden.
       
       www.fluechtlingsrat-berlin.de; www.start-with-a-friend.de;
       moabit-hilft.com/bedarfsliste; www.gute-tat.de
       
       19 Nov 2016
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Christine Berger
       
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