# taz.de -- Nachruf auf Mose Allison: Er zauberte Rumboogie
       
       > Er wuchs mit dem Blues der Arbeiter auf den Baumwollfeldern auf: Der
       > US-Jazzpianist und Sänger Mose Allison ist gestorben.
       
 (IMG) Bild: Mose Allison bei der Verleihung des Lifetime Achievement Award 2012 in Jackson, Mississippi
       
       „Ich kenne nur zwei Songs,“ sagte der Sänger und Pianist Mose Allison
       einmal. „Der eine ist ein Blues und der andere nicht.“ So prägnant und
       zugleich bescheiden der US-Künstler sein Tun zusammenfasste, so wichtig ist
       sein Wirken für die Beziehung zwischen Jazz und Blues, der Musik des
       Konzertsaals mit dem Erbe aus den Südstaaten.
       
       Mose Allison wurde am 11. November 1927 nahe der Gemeinde Tippo im
       Mississippidelta geboren. Er wuchs auf mit dem Blues der afroamerikanischen
       Arbeiter auf den Baumwollfeldern, der Begeisterung seines Vaters für den
       Stride-Stil des Jazzpianos der zwanziger Jahre und mit den Blues-Klassikern
       von Big Bill Broonzy, Memphis Minnie und Muddy Waters, die aus den
       Jukeboxes tönten.
       
       Im Alter von fünf Jahren begann er, Klavier zu spielen, mit 13 komponierte
       er seinen ersten Song. Vor seiner Einberufung in die US-Army studierte er
       Chemie, in Militärkapellen spielte er Trompete. Nach seiner Entlassung 1947
       aufgrund seiner nicht ausreichenden Grundausbildung ging er zurück in den
       Süden und trat in Texas, Mississippi, Florida und Louisiana auf.
       
       Allisons dort entwickelter Klavierstil bezeichnete er selbst als Rumboogie,
       eine Fusion aus Rumba und Boogie Woogie.
       
       ## Groove auf der Klaviatur
       
       Die Synthese aus afrokubanischen Grooves, die er lässig über die Klaviatur
       zauberte, mit den elaborierten Improvisationen, für die er sich den
       Saxofonisten Lester Young zum Vorbild machte, sind bis heute einzigartig.
       Als er 1956 nach New York ging, reagierte sein neues Umfeld irritiert auf
       das Anliegen, er wolle Blues spielen. „Ich versuche, New Orleans und Wien
       auf dem Klavier zu vereinen“, sagte er 1986 in einem Interview und meinte
       damit die Zwiesprache von Rhythm & Blues mit den musikalischen
       Errungenschaften der Wiener Moderne.
       
       In den sechziger Jahren bescherte ihm die britische Blues-Leidenschaft
       unerwartet Aufmerksamkeit und sorgte für einträgliche Tantiemen – The Who
       coverten seinen Song „Young Man’s Blues“, auch die Yardbirds und The Kinks
       nahmen Songs von Allison auf.
       
       Mose Allison hatte gewiss Anteil daran, dass Stücke wie „The Seventh Son“
       oder „I Love The Life I Live, I Live the Life I Love“ des Chicagoer
       Bluesmusikers und Komponisten Willie Dixon ihren Weg in die Repertoires
       britischer Rockbands fanden. Als Pianist perfektionierte er das
       Zwiegespräch beider Hände auf dem Klavier in wunderbarer Symbiose mit
       seinem geschmeidigen Gesang von hintersinnig-ironischen Texten, die
       unnachahmliche Coolness seines Humors wirkt zeitlos ansteckend.
       
       Mose Allison starb am Dienstag in seinem Zuhause in Hilton Head, South
       Carolina. Er wurde 89 Jahre alt. Von der bekannten Jazzförderin „Nica“ de
       Koenigswarter nach seinen drei Wünschen befragt, antwortete Allison einmal,
       sollte es ihm jemals gelingen, wäre sein erster Wunsch, jedes Individuum
       könne seine Destruktivität zügeln. Dann verzichte er auf die beiden
       anderen.
       
       16 Nov 2016
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Franziska Buhre
       
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