# taz.de -- Pastrami und Heiligabend
       
       > Gespräch Etgar Keret und Daniel Kehlmann eröffnen in Berlin mit Lesungen
       > die Deutsch-Israelischen Literaturtage
       
       Vor dem grünen Samtvorhang im Deutschen Theater in Berlin sitzen zwei
       Schriftsteller, deren unterschiedlicher Anreiseweg sie nicht davon abhält,
       schon lange befreundet zu sein: Etgar Keret, der in Tel Aviv lebt, hat
       seinen neu erschienenen Erzählband „Die sieben guten Jahre“ mitgebracht.
       Daniel Kehlmann hat Kerets Buch ins Deutsche übersetzt und gewährt Einblick
       in sein Theaterstück „Heilig Abend“.
       
       Keret und Kehlmann eröffneten am Mittwoch die Deutsch-Israelischen
       Literaturtage, die von der Heinrich-Böll-Stiftung und dem Goethe-Institut
       veranstaltet werden und noch bis zum 6. November stattfinden.
       
       „Die sieben guten Jahre“ beschreiben Etgar Kerets Erlebnisse zwischen der
       Geburt seines Sohnes und dem Tod seines Vaters, geprägt vom
       allgegenwärtigen Nahostkonflikt. In den zwei Kapiteln, die er vorstellt,
       „Marmelade“ und „Pastrami“, zeichnet Keret seinen Alltag, erzählt
       geistreich über kuriose Ereignisse, die einen Tropfen Bitterkeit enthalten.
       Er verbindet Eindrücke unbeirrt und direkt, sodass es keine Ausnahme ist,
       wenn Luftschutzsirene und Basketballschläger Wörter sind, die in ein und
       demselben Satz auftauchen. Keret umarmt die Ironie, dass man der absurden
       Kombination der Geschehnisse oft nur Herr werden kann, indem man das Ganze
       mit Humor betrachtet. Das sei, sagt der Autor, ein gutes Mittel, um der
       eigenen Angst nicht die Bühne zu überlassen.
       
       Auch Kehlmann geht es im weitesten Sinne eben darum. Sein Auszug aus
       „Heilig Abend“ beschreibt eine skurrile Verhörsituation: Thomas, scheinbar
       ein Polizeibeamter, löchert die Philosophieprofessorin Judith mit einer
       Reihe von Fragen zu ihrem Tagesablauf. Er verfügt dabei über ein enormes
       Maß an Hintergrundwissen über sie und bringt sie dadurch aus der Fassung.
       Erst später, als sie Mut fasst, gelingt es ihr, sich im Gespräch zu
       behaupten.
       
       Keret bemerkt dazu, dass beide Texte fragten, inwieweit der Mensch sich von
       seiner Angst beeinflussen lasse – wenn die Datensicherheit, die freie
       Meinungsäußerung oder gar das eigene Leben bedroht sind. Literatur und
       Kunst dürften dabei nicht pragmatisch sein. Ihre Kraft bestehe vielmehr
       darin, zum Dialog über die Welt anzuregen. „Literatur“, schließt Keret,
       „stärkt den stärksten Muskel im Menschen: die Empathie.“
       
       Katharina Schantz
       
       4 Nov 2016
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Katharina Schantz
       
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