# taz.de -- Kommentar Linke nach der US-Wahl: Radikalität mit links
       
       > Die gesellschaftliche Linke muss dem Großkapital die kalte Schulter
       > zeigen und ihre Programme durchziehen. Nur dann ist sie eine echte
       > Alternative.
       
 (IMG) Bild: Kämpfte und kämpft gegen das Großkapital: Bernie Sanders
       
       Straßen. Donald Trump will die Straßen wieder reparieren. Und Brücken. Und
       Tunnel, Flughäfen, Schulen, Krankenhäuser auch. All das hat der künftige
       Präsident versprochen in seiner kurzen Rede nach dem Wahlsieg.
       
       The Donald hat einen Trumpf: Er weiß, dass Politik beim Wähler ankommen
       muss. Der kleine Mann, die kleine Frau will sehen, dass sich etwas ändert.
       Und was ist sichtbarer als der Zustand der Straße vor der Haustür? So
       gewinnt man das Vertrauen der Wähler.
       
       All das könnte die politische Linke auch. Sie müsste es sogar, wenn sie das
       Feld nicht den Trumps dieser Welt überlassen will, die selbst so etwas
       Neutrales wie Straßenreparatur mit Xenophobie („unsere Straßen“ – nicht die
       der anderen), Chauvinismus („unsere Infrastruktur wird allen anderen
       überlegen sein“) und gnadenlosem Populismus (wie soll das eigentlich
       finanziert werden ohne Steuererhöhung?) garnieren kann.
       
       Warum aber tut die gesellschaftliche Linke es dann nicht? Weil in den
       letzten Jahrzehnten der Ausgleich in der Mitte als Allheilmittel vergöttert
       wurde. Weil aufgrund angeblich gesellschaftlicher Zwänge immer erst die
       Banken gerettet werden müssen statt die Bürger. Weil stets argumentiert
       wird, die Straßen, Schulen, Krankenhäuser könnten nicht repariert werden,
       weil das Geld fehle, anstatt die überfällige Umverteilung von oben nach
       unten anzugehen.
       
       Das größere Problem aber ist: Selbst wenn die sich irgendwie immer noch
       links fühlenden Parteien ein tatsächlich linkes Programm hätten, würde
       ihnen weiter das Vertrauen der Wähler fehlen, dass irgendwas davon auch
       umgesetzt wird.
       
       ## Kompromisslos in Programm und Personal
       
       Das gilt für die Demokraten in den USA genauso wie für die Sozialisten in
       Frankreich, die PSOE in Spanien oder die SPD in Deutschland. Denn eine
       politische Klasse, die mit einer an Obszönität grenzenden Lässigkeit bei
       erstbester Gelegenheit ins Bett des Großkapitals hüpft, muss sich nicht
       wundern, wenn das Wahlvolk kopfschüttelnd davonrennt (und – so idiotisch
       das ist – lieber gleich den Großkapitalisten wählt).
       
       Wenn die gesellschaftliche Linke dem offenbar weltweiten Aufschwung der
       Rechtspopulisten Paroli bieten will, dann ist eine radikale
       Kompromisslosigkeit in Programm und Personal unumgänglich.
       
       Eine Garantie für einen Erfolg wäre das nicht. Aber wenn es keine echte
       Alternative von links gibt, wird die jetzt noch in vielen Länder regierende
       etablierte Konsensmitte schon sehr bald von ganz rechts weggefegt werden.
       Von Marine Le Pen in Frankreich. Von Norbert Hofer in Österreich. Von
       Frauke Petry in Deutschland.
       
       Ein AfD-Sieg ist undenkbar? Das haben bei Trump auch die meisten gedacht.
       
       10 Nov 2016
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Gereon Asmuth
       
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