# taz.de -- heute in hamburg: „Integration ist ein Scherz“
       
       > Lesung Tunay Önder und Imad Mustafa bringen ihren Blog „Migrantenstadl“
       > als Buch heraus
       
       taz: Frau Önder, bleibt man Migrantin auf Lebenszeit? 
       
       Tunay Önder:Wenn man will, ja, und ich will es. Migrant zu sein ist im
       Nationalstaat eine politische Stellungnahme. Man erfährt die Gesellschaft
       aus einem alternativen Blickwinkel.
       
       Bedient der Blog Migrantenstadl, den Sie und Imad Mustafa seit fünf Jahren
       betreiben, diese Perspektive? 
       
       Definitiv! Wir geben den Gastarbeiterkindern und ihrer Mehrheimigkeit eine
       Stimme. Ich bin selbst in einer Gastarbeiterfamilie aufgewachsen und habe
       meine deutsche Geschichte, genau wie mein Nachbar. Nur dass er seine für
       selbstverständlich hält, meine aber nicht.
       
       Ist Ihr Nachbar intolerant? 
       
       Mir geht es nicht darum, Toleranz einzufordern. Ich würde mir wünschen,
       dass Deutschland ein neues Selbstverständnis gewinnt, in dem Mehrheimigkeit
       zur Norm wird. Deutsch-Türken sollten sich für türkische Politik
       mitverantwortlich fühlen und Türkisch sprechen dürfen, ohne Vorwürfe von
       Deutschen fürchten zu müssen.
       
       Ist es arrogant, Integration einzufordern? Müssen wir jetzt anfangen,
       Türkisch zu lernen? 
       
       Ja natürlich, ganz provokativ gesagt. Integration als Zwang ist ein Scherz.
       Es geht vielmehr um das gemeinsame Interesse aller an den verschiedenen
       Kulturen und Sprachen, die hier in Deutschland zusammenkommen. Jeder hat
       seine ganz eigene Geschichte, niemand hat das Recht, anderen ihr Verhalten
       vorzuschreiben.
       
       Manche Deutsche haben Angst vor Überfremdung. 
       
       Ich weiß auch nicht, warum manche Menschen mit Angst reagieren, andere mit
       Liebe. Aber ich glaube, Humor könnte schon mal weiterhelfen.
       
       Fertigen Sie deshalb Collagen von Merkel in einer Burka an? 
       
       Das ist eine dadaistische Umkehrung, sie zeigt die Absurdität dieser ganzen
       Einwanderungsdebatte. Dass Menschen Grenzen überschreiten, wird als Problem
       verkauft, dabei sind die Grenzen selbst das Problem. Wir wollen in dieser
       künstlichen Diskussionen gar keine Aufklärungsarbeit leisten, sondern die
       Community von Migranten in dem Bewusstsein stärken, dass sie nicht allein
       sind mit ihren Problemen.
       
       Interview Patrick Jütte
       
       Buchvorstellung: 20 Uhr, Buchhandlung Schanzenviertel, Schulterblatt 55
       
       26 Sep 2016
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Patrick Jütte
       
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