# taz.de -- Johanna Roth über die sozialdemokratische Merkel-Kritik: Hochnäsige Freude
       
       CSU-Chef Host Seehofer klingelt mal wieder mit seiner dicksten Alarmglocke:
       der Merkel-Schuldzuweisung. So weit, so bekannt. Doch wie ärgerlich, dass
       auch die SPD freudig mitläutet. Sigmar Gabriel stänkert emsig gegen Merkels
       Flüchtlingspolitik – die die SPD in der Großen Koalition von Asylpaket zu
       Asylpaket mitgetragen hat. Generalsekretärin Katarina Barley weiß ihn nicht
       anders zu entschuldigen als mit dem Argument, Politik bestünde nun mal auch
       aus Auseinandersetzung. Wenn Parteien einander zu ähnlich schienen, nehme
       sie keiner ernst.
       
       Da ist was dran. Man könnte sich natürlich auch als Koalition mit immerhin
       noch einem Jahr Regierungsverantwortung gemeinsam von der AfD abgrenzen,
       aber offenbar erscheint der SPD wechselseitiges Geschubse zielführender.
       Welcher Wähler soll das ernst nehmen? Parteivize Ralf Stegner versteigt
       sich in einem Spiegel-Online-Interview gar zu Folgendem: „Über starke
       Rechtspopulisten kann sich kein Sozialdemokrat freuen. Aber in der Union
       herrscht wegen des Erstarkens der AfD blanke Panik.“ Da schwingt erstaunte
       Freude mit, nach dem Motto: „Die Union zerlegt sich gerade selbst – dafür
       muss man den Rechten ja doch irgendwie dankbar sein.“
       
       Wenn die SPD 2017 wieder was reißen will, dann muss man vom
       sozialdemokratischen Spitzenpersonal mehr erwarten können als die
       Verteilung von hochnäsigen B-Noten. Wichtiger aber: Die Partei vergeigt
       damit womöglich das gerade erhaltene Mandat, sich wieder Inhalten zu
       widmen, der guten alten sozialen Gerechtigkeit zum Beispiel – immer noch
       das wirksamste Rezept gegen Rechtspopulismus, der Stimmung gegen
       bürgerferne Eliten macht.
       
       Die SPD muss jetzt zeigen, dass sie dazu nicht gehört. Der Wahlsieg ist
       ihre Chance, Verbindlichkeiten für die Menschen zu schaffen – und nicht nur
       Gezänk im Koalitionsgeklüngel. Sonst war das nachher die vorerst letzte
       dieser Chancen.
       
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       7 Sep 2016
       
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