# taz.de -- Protest und Begeisterung: Der Po der Spiele
       
       Riologie
       
       Aus Jardim Botânico
       
       Suzana Velasco 
       
       Die Cariocas (so heißen wir Einwohner von Rio de Janeiro) schwanken
       zwischen politischem Widerwille und Olympiabegeisterung. Denn die Krise in
       Stadt und Land macht es uns unmöglich, die Spiele einfach abzufeiern.
       Unsere Gefühle sind gemischt. Mich ärgern die hohen Kosten, die
       Zwangsräumungen und auch die starke Militärpräsenz auf den Straßen. Aber
       ich freue mich auf den Sport und habe die Eröffnungszeremonie gern
       angeschaut, in der die sanfte Stimme von Paulinho da Viola der
       Nationalhymne einen melancholischen Ton gab.
       
       Die Stadt ist kosmopolitischer als üblich. Freunde von mir erzählten, sie
       hätten schon Russen und Indern weitergeholfen. Am Strand rufen Verkäufer
       „Welcome“, und Busfahrer helfen den Touristen. Doch wir möchten der Welt
       auch unsere Enttäuschungen nahebringen. In den Sporthallen dürfen keine
       „offensiven Plakate“ gezeigt werden, laut einem Gesetz, das Dilma Rousseff
       noch als Präsidentin vor drei Monaten verabschiedet hat. Am Samstag wurde
       klar, dass ein Protestplakat gegen den unbeliebten Interimspräsidenten
       Michel Temer reicht, um den Eintritt verweigert zu bekommen.
       
       Aber der Humor hilft uns – wie immer. In Rio organisierten die Einwohner
       Copacabanas einen „alkoholischen Fackellauf“ durch die Bars der
       Stadtviertel. Sie wollten insbesondere einen Grillmeister ehren: den aus
       dem nordöstlichen Bundesstaat Ceará stammenden Agnaldo Rodrigues, der mit
       der inoffiziellen Fackel seinen Grill entflammte. Eine typische Party in
       Rio. Am Ende setzten seine Fans sogar durch, dass er auch zum offiziellen
       Lauf eingeladen wird.
       
       In ganz Brasilien versuchten Leute, das Fackelfeuer zu löschen. In Rio aber
       war man gewitzter. Einer der Fackelträger, der Musiker Tarcísio Cisão, ließ
       seine Shorts herunter und entblößte seinen Hintern im String-Bikini mit der
       Botschaft „Fora Temer“ („Temer raus“). In Rio, wo an jedem Kiosk Postkarten
       von Frauen in knappen String-Bikinis verkauft werden, ist Cisãos Hinterteil
       nun zum „Po der Olympischen Spiele“ avanciert. In Rio will das schon was
       heißen.
       
       8 Aug 2016
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Suzana Velasco
       
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