# taz.de -- Clinton auf dem Konvent der Demokraten: Appell an die Mitte
       
       > Hillary Clinton beschwört die Einigkeit des Landes. Sie verspricht eine
       > industrielle Wende und stabile Außenpolitik. Selbstkritik zeigt sie
       > nicht.
       
 (IMG) Bild: Die Kandidatin
       
       Philadelphia taz | Auf dem Wahlkonvent der Demokratischen Partei erklärte
       Hillary Clinton, dass sie die Nominierung ihrer Partei für das höchste
       Staatsamt der USA annehme. Sie tue dies mit „Entschlossenheit und
       grenzenlosem Vertrauen in das amerikanische Versprechen“, erklärte die
       frühere Außenministerin und First Lady.
       
       In der wohl wichtigsten Rede ihrer bisherigen Karriere hat Clinton noch
       einmal in scharfen Linien nachgezogen, was sie von Donald Trump trennt. Sie
       hat den düsteren Prognosen des Tycoons einen grundoptimistischen Blick auf
       die Welt entgegengesetzt, einen ur-amerikanischen Blick, wie sie ein ums
       andere Mal zu verstehen gab. Sie hat das Zusammengehörigkeitsgefühl betont
       und es prägnant in einer kurzen Zeile gebündelt: „Gemeinsam sind wir
       stark“.
       
       Letzteres ist ein Motiv, wie es die Präsidentschaftsbewerber der Demokraten
       alle vier Jahre herausstreichen. Nur steht es 2016 in einem besonders
       scharfen Kontrast zur Botschaft des politischen Gegners, weil die
       Republikaner einen Narziss ins Rennen ums Weiße Haus schicken. Einen
       Großsprecher, der von sich behauptet, er allein wisse, wie man die Probleme
       des Landes löse. Clinton ersetzt Trumps Ich durch ein Wir. „Wir Amerikaner
       sagen, wir bringen es gemeinsam in Ordnung“, das sei die Tradition der
       Republik. Amerika, sagt sie, sei stark, weil es gut sei. Amerika sei kein
       Land, das vor einem Herrscher auf die Knie falle.
       
       Worin das wahre Credo der Vereinigten Staaten besteht? Wie ein roter Faden
       zieht sich die Frage durch ihre Rede, die phasenweise nach einer
       Geschichtslektion klingt. Sie spricht von den Gründervätern, die sich vor
       240 Jahren in Philadelphia versammelten, um die Unabhängigkeit von der
       britischen Kolonialmacht zu verhandeln. Sie zitiert einen Satz Franklin D.
       Roosevelts, des Präsidenten, der mit massiven Konjunkturprogrammen auf die
       Große Depression reagierte: Das Einzige, was man zu fürchten haben, sei die
       Furcht selbst. „Wir haben keine Angst“, knüpft sie bei Roosevelt an. Man
       möge sich von niemandem einreden lassen, dass Amerikaner nicht das Zeug
       hätten, ihre Probleme in den Griff zu kriegen. Trumps düsteres Gerede vom
       Niedergang, suggeriert sie, laufe allem zuwider, wofür die USA in Wahrheit
       stehen.
       
       Das alles ist natürlich ein Appell an die politische Mitte, ein Appell an
       hemdsärmelige Tatmenschen, ein Appell auch an jene Republikaner, die sich
       durch ihren Kandidaten nicht vertreten sehen. Trump, sagt Clinton, setze
       darauf, „dass die Gefahren der heutigen Welt uns blind machen für die
       grenzenlosen Möglichkeiten dieser Welt“. Irgendwann räumt sie ein, dass es
       die Demokraten, „die Partei der arbeitenden Menschen“, bisweilen versäumt
       hätten, den kleinen Leuten, den Verlierern der Globalisierung, das Gefühl
       zu geben, dass man verstanden habe, was sie durchmachten. „Einige von euch
       sind verärgert und wütend. Und wisst ihr was, ihr habt recht.“
       
       ## Zu wenig Vertrauen
       
       Der Fehleranalyse folgt das Versprechen einer industriellen Wende, das
       Versprechen gut bezahlter Jobs und massiver Investitionen in die vielerorts
       marode Infrastruktur. Außenpolitisch betont sie eine Kontinuität, für die
       auch republikanische Präsidenten von Dwight Eisenhower bis hin zu George
       Bush Senior standen und mit der ein Präsident Trump brechen könnte. Mit ihr
       im Oval Office würden die USA ihre Nato-Verbündeten selbstverständlich
       gegen jede Bedrohung verteidigen.
       
       Es sei keine große, wohl aber eine wirkungsvolle Rede gewesen, urteilt
       David Axelrod, der frühere Wahlkampfstratege Barack Obamas. Ob der Auftritt
       etwas ändert an Clintons Achillesferse, darf allerdings bezweifelt werden.
       Zwei Drittel der amerikanischen Wähler haben kein Vertrauen in die frühere
       First Lady, Senatorin und Außenministerin; die Glaubwürdigkeitskrise ist
       ihre größte Schwäche.
       
       Eigentlich hatte man eine Rede erwartet, in der sie Schwächen einräumt,
       vielleicht auch Fehler. Das ist ihr allenfalls ansatzweise gelungen. Dass
       sie dienstliche E-Mails über ihren privaten Server laufen ließ, streifte
       sie nicht mal mit einem Nebensatz. Und sich selber auf die Schippe zu
       nehmen, eine Kunst, auf die sich ihr Mann Bill perfekt versteht, scheint
       einfach nicht Clintons Sache zu sein. Jedenfalls nicht in der
       Öffentlichkeit.
       
       29 Jul 2016
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Frank Herrmann
       
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