# taz.de -- EMtaz: Warum nur wird Ibra kritisiert?: Ein Stern für Zlatan
       
       > Es gibt tatsächlich viel Kritik an Ibrahimovićs Auftritten bei der
       > Fußball-EM. Dabei liegt es gewiss nicht an ihm, dass sein Team
       > schwächelt.
       
 (IMG) Bild: Zlatan applaudiert sich selbst. Zurecht!
       
       Da liegt der Kicker, diese normalerweise so fachkundige Fußballzeitschrift,
       ausnahmsweise mal völlig daneben. Mit den Noten 3,5 (gegen Italien) und 4
       (gegen Irland) wurde Zlatan Ibrahimović bei seinen EM-Auftritten bisher
       bewertet. Ein brutales Fehlurteil. Der Kicker reiht sich damit in die lange
       Reihe jener Erzeugnisse ein, die man nur als Sportlügenpresse bezeichnen
       kann. Weil sie Zlatan zum Satan machen.
       
       Die französische L’Equipe schreibt: „Zlatan in der Wüste. Der schwedische
       Stürmer hat noch nicht einen einzigen Schuss in Richtung Tor abgegeben.“ As
       (Spanien) phrasiert: „Schweden suchte verzweifelt nach Ibrahimović.“ In
       ähnlichem Stil provozieren viele weitere europäische Blätter die
       schwedische Legende.
       
       Selbst die heimischen Schreiberlinge rufmorden, was das Zeug hält. „Es wird
       Zeit, dass du endlich besser wirst, Zlatan!“, behauptet etwa die
       Stockholmer Zeitung Svenska Dagbladet. Und das auch noch in einem
       plauderhaften Geduze, dass König Zlatan nur die kalte Wut überkommen kann.
       Wo bitteschön bleibt der Respekt vor Ibrakadabra?
       
       Was die Gazetten betreiben, ist nichts anderes als Gotteslästerung.
       Ziemlich dreist, nicht mal ein ruhmreicher Trainer wie Carlo Ancelotti
       würde sich so etwas erlauben. „Glaubst du an Gott?“, hat Ibrahimović seinen
       damaligen Coach gefragt. Ancelotti bejahte. „Gut, dann glaubst du ja an
       mich“, soll Ibras Antwort gewesen sein. Ancelotti hat sie (natürlich) so
       stehen lassen. Es ist nur nicht ganz geklärt, ob die Frage nun mit Gott
       oder mit Jesus formuliert wurde. Spielt aber auch keine Rolle.
       
       ## Zlatanisierte Iren
       
       Der 34-Jährige ist beides (und darüber hinaus sowieso noch König, Legende
       und der Größte). Das zeigt Ibrahimović bei dieser EM erneut. Die
       Sportberichterstatter haben das nur noch nicht mitbekommen. Als höchste
       Instanz kennen die ja eh nur den „Fußballgott“, diesen nichtssagenden
       Namenszusatz, der bereits an stolpernde Gestalten wie Alex Meier oder
       Bastian Schweinsteiger vergeben wird. Weil Meier und Schweini in
       irgendwelchen banalen Kategorien gelegentlich minimal höhere Werte
       aufweisen als ihre Kollegen. Angekommene Pässe, gewonnene Zweikämpfe oder
       gar entscheidende Tore, pfff. Der Jesus-Gott schwebt über alledem.
       
       Die Iren wurden beim 1:1 regelrecht zlatanisiert. Bis zum Gehtnichtmehr
       traumwandelten sie über den Platz, geblendet vom Heiligenschein des
       allmächtigen Ibra. Sie krochen sogar so ehrfürchtig vor ihm dahin, dass
       einer der Iren den Ball gleich selbst in die eigene Kiste schoss. Welch
       wundersames Gottesgeschenk die Schweden da wieder von ihrem Ibra erhalten
       hatten!
       
       Zlatans sonstige Spielweise? Uninteressant. Im Fußball geht’s um Tore. Ja,
       zugegeben, dafür ist bei den Schweden eigentlich Ibrahimovic zuständig.
       Aber selbst er benötigt Vorlagengeber. Die haben die Blau-Gelben aber
       nicht, weil sich zuviele provinzielle Knäckebrot-Kicker in der Mannschaft
       tummeln. Also legt Zlatan göttlich auf. Obwohl er weiß, dass keiner seiner
       Mitspieler in der Lage wäre, seine brillanten Pässe zu verwerten.
       
       Vor dem Italien-Spiel stellte Ibrahimović fest, dass anstelle des leicht zu
       zlatanisierenden irischen Eigentorschützen Ciaran Clark die italienischen
       Catenaccio-Weltmeister Buffon, Barzagli und Chiellini verteidigen würden.
       Die verwandeln nicht mal göttliche Vorlagen ins eigene Tor. Also gab Ibra
       den Jesus und opferte sich. Grazil schwebte er durch die italienische
       Abwehrreihe und stoppte so die Angriffsbemühungen der Squadra Azzurra schon
       in deren eigener Hälfte. Brillant. Aber die Italiener sind eben die
       Italiener. 1:0. Diese alte Fußballregel war dann doch nicht zu brechen.
       Weshalb Ibras 116. Länderspiel möglicherweise sein letztes ist.
       
       ## Fallrückzieher aus 30 Metern
       
       Dass Schweden überhaupt bei dieser EM mitspielen kann, haben er und sein
       Nationalteam nur einem zu verdanken – Zlatan. Von den vier schwedischen
       Toren in den Playoff-Spielen um die Qualifikation gegen Dänemark schoss er
       drei höchstselbst.
       
       Natürlich ist er auch Rekordtorschütze seines Landes. 62 Tore hat er in 113
       Spielen für Schweden geschossen – darunter das schönste Tor aller Zeiten.
       Der Fallrückzieher aus 30 Metern Entfernung im November 2012, der im
       englischen Tor einschlug, wird ewig unvergesslich bleiben. Dass er in
       diesem Spiel beim 4:2-Erfolg der Schweden alle vier schwedischen Treffer
       erzielt hat, ist eh klar.
       
       Wenn es einem gelingen kann, das letzte Gruppenspiel bei dieser EM gegen
       Belgien für Schweden zu entscheiden, dann einzig und allein ihm.
       Andernfalls wäre das EM-Aus besiegelt. Gut möglich, dass sich Zlatan dann
       in den Länderspielruhestand verabschiedet. Sie werden schon sehen, wie es
       ohne ihn gehen soll.
       
       Und noch etwas: Egal, wie das Spiel gegen Belgien verlaufen wird – die
       taz-Note für Zlatan steht jetzt schon fest. Es ist eine Eins mit Stern.
       
       22 Jun 2016
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) David Joram
       
       ## TAGS
       
 (DIR) EMtaz Bericht/Analyse
 (DIR) Schwerpunkt Fußball-EM 2024
 (DIR) Zlatan Ibrahimovic
 (DIR) Fußball
 (DIR) Schwerpunkt Fußball-EM 2024
 (DIR) Schwerpunkt Fußball-EM 2024
 (DIR) EMtaz Bericht/Analyse
 (DIR) Schwerpunkt Fußball-EM 2024
 (DIR) Schwerpunkt Fußball-EM 2024
 (DIR) Schwerpunkt Fußball-EM 2024
 (DIR) Fußball
 (DIR) Zlatan Ibrahimovic
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) EM-taz: Stars, Teams und wir: Feuchte Träume mit Zlatan
       
       Trotz aller Verehrung muss der Fußballstar solidarisch auf dem Platz sein.
       In der Gesellschaft gilt das nicht, da will jeder sein eigener Star sein.
       
 (DIR) EMtaz: Gruppe E, Schweden – Belgien: Belgier versauen mal wieder alles
       
       Erst 80 Minuten Langeweile, dann das: der Abschied von Zlatan Ibrahimovic
       ist überschattet von einer Niederlage. Verloren haben alle, außer Belgien.
       
 (DIR) EMtaz: Ibrahimovic, der Bosnier: Der größte Mahalaš aller Zeiten
       
       Ibra schießt seine Tore zwar für Schweden. Er ist aber auch Bosnier und
       spielt vor allem wie einer. Präsident könnte er natürlich auch.
       
 (DIR) EMtaz: Das Phänomen Starfußballer: Uns Zlatan
       
       Er pöbelt notorisch, ist unverblümt egoistisch und in geradezu epischer
       Weise überheblich. Warum verehren wir Zlatan Ibrahimović?
       
 (DIR) EMtaz: Pro und Contra Favoriten: Sind die Großen noch zu retten?
       
       Spanien, Deutschland, Frankreich. Werden die Favoriten ihrem Status
       gerecht? Oder sind nicht längst alle Teams Geheimfavoriten?
       
 (DIR) EMtaz: Gruppe E: Irland – Schweden: Außer Zlatan nichts zu bieten
       
       Die Schweden spielen erst in der zweiten Halbzeit so richtig mit.
       Ibrahimovic erzwingt den 1:1-Ausgleich. Doch der Spieler des Spiels ist ein
       Ire.
       
 (DIR) Neuer Bayern-Trainer Ancelotti: Mit der Schläue eines Bauern
       
       Wo bei Guardiola alles „super“ war, ist bei seinem Nachfolger alles nur
       „gut“. Ancelotti ist der natürliche Feind des Superlativs.
       
 (DIR) WM-Qualifikation Playoffs: Ungebändigter Egomane
       
       Portugal und Schweden kämpfen um einen Platz beim Turnier in Brasilien.
       Zlatan Ibrahimovic glaubt, dass man ihn dort mehr braucht als Ronaldo.