# taz.de -- Die Türkei und die Armenien-Resolution: Erst die Wut, dann die Mäßigung
       
       > Das Echo der türkischen Presse auf die Resolution ist verheerend. Nach
       > anfänglicher Entrüstung äußern sich Politiker nun vorsichtiger.
       
 (IMG) Bild: Proteste in Istanbul gegen die Armenien-Resolution des Deutschen Bundestages
       
       Istanbul taz | Die Verabschiedung der Resolution über den Völkermord an den
       Armeniern im Bundestag hat zu wütenden Protesten in der Türkei geführt. Das
       reichte von offiziellen Politiker Äußerungen über einen rhetorischen
       Gegenschlag des türkischen Parlaments bis zu Demonstrationen auf der
       Straße.
       
       Betroffen davon war in erster Linie das deutsche Generalkonsulat in
       Istanbul. Wütende türkische Nationalisten, unter ihnen viele Graue Wölfe,
       versammelten sich vor dem Konsulat und beschimpften Deutschland als
       „imperialistisch und faschistisch“. Die Polizei sperrte die Straße und ließ
       Wasserwerfer vorfahren.
       
       Besonders verheerend war das Echo in den türkischen Zeitungen. Sowohl
       regierungsnahe Blätter wie Sabah, aber auch eher kritische Zeitungen wie
       Hürriyet und die englische Ausgabe Hürriyet Daily News bis zu Blättern die
       gewöhnlich Präsident Recep Tayyip Erdogan scharf angreifen wie Sözcü waren
       sich einig, dass der Beschluss des Bundestages eine Anmaßung und
       Beleidigung der Türkei sei.
       
       „Schande über euch“ titelte Hürriyet an die Adresse der Abgeordneten, „die
       einstigen Verbündeten fallen uns in den Rücken“, meinte Sabah und Sözcü
       steckte wieder einmal Bundeskanzlerin Angela Merkel in eine Nazi-Uniform.
       Einzig die Linksintellektuelle Cumhuriyet erinnerte ihre Leser daran, dass
       die Türkei in ihrer Leugnung des Völkermordes international immer einsamer
       wird.
       
       ## Ton etwas gemäßigter
       
       Während unmittelbar nach der Abstimmung auch verantwortliche türkische
       Politiker vor Empörung schäumten, hörten sich die Kommentare am Freitag
       schon wieder etwas gemäßigter an.
       
       Direkt nach der Abstimmung hatte das AKP Vorstandsmitglied Burhan Kuzu
       seiner Wut noch freien Lauf gelassen und insbesondere diejenigen
       Bundestagsabgeordneten mit türkischen Migrationshintergrund die für die
       Resolution gestimmt hatten, scharf angegriffen. Sie sollten nie wieder
       einen Fuß auf türkischen Boden setzten, twitterte er an die Adresse von Cem
       Özdemir und anderen.
       
       Nachdem bereits am Donnerstag der türkische Botschafter aus Berlin nach
       Ankara zurückgerufen worden war und das türkische Parlament mit Ausnahme
       der Stimmen der kurdisch-linken HDP der Regierung in einer Resolution
       versichert hatten, sie würden jede weitere Maßnahme gegen Deutschland
       unterstützen, beginnt jetzt das Nachdenken darüber, wie man tatsächlich
       reagieren will.
       
       Ministerpräsident Binali Yilderim sagte in Abwesenheit von Präsident
       Erdogan, der noch auf Staatsbesuch in Kenia weilt, Deutschland sei bei
       Licht besehen doch ein „sehr wichtiger“ Bündnispartner und deshalb solle
       niemand erwarten, dass sich unsere Beziehungen „jetzt vollständig“
       verschlechtern werden.
       
       Man werde reagieren, aber wie? In der Vergangenheit hat sich gezeigt, dass
       Boykottmaßnahmen gegen französische oder italienische Produkte nach
       ähnlichen Entscheidungen der Parlamente dieser Länder nicht viel gebracht
       haben.
       
       Handelskriege schaden der Türkei mehr als den EU-Ländern, schließlich ist
       die EU der mit Abstand wichtigste Markt. Auch eine Kündigung des
       Flüchtlingsabkommens mit der EU wegen dieser Parlamentsentscheidung schloss
       Yilderim aus. Außer einigen symbolischen Aktionen wird wohl nicht viel
       passieren.
       
       3 Jun 2016
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Jürgen Gottschlich
       
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