# taz.de -- Aus den Fenstern einer Shoppingmall
       
       > Kunst Zehn Jahre Videokunstmesse Loop in Barcelona: 47 internationale
       > Galerien zeigen in 47 Hotelzimmern Medienkunst
       
 (IMG) Bild: Die Galerie Senda zeigt eine Arbeit Antoni Miraldas
       
       von Uta M. Reindl
       
       Sammlern von Videokunst, die gegenwärtig auf allgemeinen Messen zu kurz
       kommen, sei die Loop in Barcelona empfohlen. Die vor vierzehn Jahre
       gegründete Nischenmesse ist angesichts der wachsenden Zahl von
       Megaveranstaltungen ohnehin im Trend. Auch für den Videoaficionado mit
       überschaubarem Budget ist auf der Loop immer etwas dabei. Abgesehen davon
       kann er Videokunst auf höchst adäquate Weise betrachten – nämlich im
       intimen Ambiente eines Hotelzimmers.
       
       Bis zu 70 Galerien haben bislang an der immer schon im Hotel realisierten
       Loop teilgenommen, in diesem Jahr waren 47 dabei. Der niederländische
       Galerist Ron Mandos, fast zehn Jahre Loop-Teilnehmer und auf etlichen
       Großmessen vertreten, schätzt die persönliche Atmosphäre in den engen
       Hotelräumen und -gängen, im Gegensatz zu größeren Messen, wo „der absolute
       Wettbewerb, der wahre Overkill stattfindet“. Vor allem ist die Loop schon
       traditionell eher eine wahre Fundgrube für junge Videokunst.
       
       Auf der Pressekonferenz resümierte der Videosammler Jean-Conrad Lemaître,
       dass diese Fachmesse im Zentrum Barcelonas inzwischen „reifer, deutlich
       besser in Qualität und Organisation sei, so dass inzwischen auch die Preise
       angezogen sind“. Der Franzose begleitet die Loop seit ihren Anfängen –
       lange als Mitglied des Auswahlkomitees, schon immer als einflussreicher
       Ratgeber. Der durchschnittliche Preis für die virtuelle Kunst lag bei der
       diesjährigen Ausgabe bei 20.000 Euro.
       
       Doch war schon für 8.000 Euro das in seiner Einfachheit bestrickende Video
       „Le Marché Oriental“ von James Webb (Galerie Imane Farès, Paris) zu
       erwerben, das bei Muezzinrufen den Blick in das Morgengrauen Kapstadts aus
       den Fenstern einer leer stehenden Shoppingmall zeigt. Auf gleichem
       Preisniveau bewegte sich die pfiffige Kritik am Kreuzfahrt-Massentourismus,
       die der Spanier Antoni Miralda (Senda, Barcelona) aus eigenen Filmen der
       1980er Jahren montiert hat.
       
       12.000 Euro kostet das philosophische Performance-Video der Spanierin Dora
       García, deren performative Interventionen auf der letzten Venedig-Biennale
       zu sehen waren. Juana de Aizpuru, eine der bedeutendsten Galeristinnen
       Spaniens, zum ersten Mal auf der Loop dabei, hatte ihre Arbeit mitgebracht.
       
       Überhaupt gab es etliche Inszenierungen vor der Kamera. Es dominierte der
       sozialkritische Ton, oft auch erst auf den zweiten Blick oder durch die
       Erläuterungen wahrnehmbar. Rona Yefman und Tanja Schlander (Sommer
       Contemporary Art, Tel Aviv) haben Pippi Langstrumpf in Szene gesetzt. In
       ihrem Film versucht das „stärkste Mädchen der Welt“ die Mauer zwischen
       Israel und dem Westjordanland eigenhändig zu öffnen.
       
       Die Themen Naher Osten, die einstige Kolonialpolitik Europas und die
       Migration spielen in vielen Arbeiten eine Rolle. So zu sehen in María
       Ruidos „Le rêve est fini“ über den Traum von der Revolution im
       Mittelmeerraum, aber auch in der Arbeit Kader Attias, den die erstmalig an
       der Loop teilnehmende Wiener Galerie Krinzinger mit seiner süffisanten
       Kulturkritik „History of Reappropriation, Architecture as a stake“
       vorstellte.
       
       Chien-Chi Chang erinnert in „Escape from North Korea“ (Chi-Wen Galerie,
       Taipeh) an den nordkoreanischen Exodus in den 1990er Jahren. Den
       architektonischen Clash in russischen Metropolen entlarvt Aslan Gaisumov
       (Kromus + Zink, Berlin, der einzige deutsche Loop-Aussteller) am Beispiel
       seiner Geburtsstadt Grosny mit einer Dokumentation, die mächtige
       Sowjetmonumente im Einklang mit postmoderner Protzarchitektur zeigt.
       
       Auch die vierzehnte Loop begleitete ein Videofestival mit Präsentationen in
       Museen, Galerien und Kulturinstitutionen der katalanischen Metropole. Waren
       im letzten Jahr noch Klang- und Videokunst das Thema, so befassten sich
       diesmal die Schauen und Diskussionsrunden mit dem Spannungsfeld von Video
       und Film. Das Museum für zeitgenössische Kunst in Barcelona, MACBA, zeigte
       einen Überblick zur Videokunst der Institutionskritikerin Andrea Fraser,
       die Tàpies-Stiftung präsentierte Filme und Videoarbeiten Harun Farockis.
       
       Obwohl Loop gerne als manifestation culturelle wahrgenommen werden will,
       setzt sie besonders in der diesjährigen Ausgabe einen deutlich merkantilen
       Akzent durch den Vertragsentwurf „Loop Protocol“, der Rechte und Pflichten
       zwischen Künstlern, Galeristen und Käufern beim Handel mit audiovisueller
       Kunst regelt. Etliche Sammler haben während der Messetage das Vertragswerk
       bei ihren Käufen getestet.
       
       Carlos Durán (Galerie Senda), der mit seinem Kollegen Emilio Álvarez die
       Loop organisiert, ist mit diesem Vertragsmodell sowie mit dem
       Messeabschluss zufrieden. Für ihn ist das Budget von 750.000 Euro für die
       Einladung der Sammler, für viele der Festivalschauen sowie für Mietkosten
       und Honorare bestens investiert.
       
       Selbstkritisch sieht er die geringe Präsenz deutscher Teilnehmer auf der
       von spanischen, niederländischen und französischen Ausstellern tendenziell
       dominierten Loop 2016. Für das kommende Jahr soll ein deutscher Kollege in
       den von französischen, niederländischen und schweizerischen Sammlern
       besetzten Auswahlausschuss für Loop-Aussteller eingeladen werden.
       
       7 Jun 2016
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Uta M. Reindl
       
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