# taz.de -- Minderheiten auf der Krim: Opposition ist verboten
       
       > Auf der von Russland annektierten Krim verschlechtert sich die
       > Menschenrechtslage – vor allem für Krimtataren. Der Geheimdienst führt
       > Regie.
       
 (IMG) Bild: Gedenken der Tataren auf der Krim am Mittwoch dieser Woche an die Deportation ihrer Vorfahren nach Zentralasien 1944
       
       Kiew taz | Oppositionelle Tataren auf der von Russland annektierten Krim
       sollen zu Islamisten erklärt und entsprechend verfolgt werden: Diese
       Strategie schlägt der russische Inlandsgeheimdienst FSB im Rahmen eines
       Dreijahresplans vor, um die widerspenstige Minderheit der Krimtataren
       gefügig zu machen. Ein entsprechendes Schreiben des FSB-Vizechefs auf der
       Krim, Oberst Rustam Ibragimow, an Krim-Präsident Sergei Axjonow ist jetzt
       über ukrainische Medien an die Öffentlichkeit geraten.
       
       Das vom 28. April 2015 datierte Schreiben, das den Briefkopf des FSB trägt,
       macht die „Medschlis“, die organisierte Vertretung der Krimtataren, als
       Hauptfeind der „Angliederung der Krim an Russland“ aus. Die Medschlis, so
       das Schreiben, sei von „antirussischen Überzeugungen geprägt“ und würde
       „ukrainische Propaganda betreiben“. Vor diesem Hintergrund schlägt der FSB
       vor, die Medschlis zur radikalen islamistischen Organisation zu erklären
       und sie zu verbieten.
       
       Ferner solle die politische Führung der Krim die Aktivitäten „patriotischer
       Organisationen“ auf der Halbinsel verstärken, Personen an der
       administrativen Grenze zur Ukraine „filtern“ und den Krimtataren eine
       Ausreise aus der Krim unmöglich machen. Diese Aktivitäten sollen von
       entsprechenden Kampagnen in den Medien begleitet werden.
       
       Auch wenn es schwer sein dürfte, die Authentizität des Schreibens bei den
       russischen Sicherheitsbehörden abzufragen, scheint sich die Situation der
       Krimtataren weitgehend nach diesem Szenario abzuspielen.
       
       ## Extremistische Organisation
       
       Am 26. April bereits hatte das Oberste Gericht der Krim die Medschlis zur
       extremistischen Organisation erklärt und sie auf der Krim und in Russland
       verboten. Menschenrechtsorganisationen und Krimtataren beklagen sich über
       eine weitere Verschlechterung der Menschenrechtslage.
       
       Am 30. Mai sprach der Inlandsgeheimdienst FSB der krimtatarischen
       Journalistin Lilia Budschurowa eine Verwarnung für ihre „extremistische
       Tätigkeit“ aus. Grund: Die Journalistin habe sich in sozialen Netzwerken
       für die Unterstützung inhaftierter Krimtataren ausgesprochen.
       
       Ende Mai berichtete die ukrainische Menschenrechtlerin Alexandra
       Matwijtschuk von 31 Ukrainern, die derzeit aus politischen Gründen in
       russischen Gefängnissen inhaftiert seien. Davon seien 16 Krimtataren.
       
       Menschenrechtler sprechen von über einem Dutzend Morden an Krimtataren seit
       der Annexion. Am 29. Mai traf es die Krimtatarin Mumin Aliewa. „Ich weiß
       nicht, ob der Mord an Mumin Aliewa einen politischen Hintergrund hat“,
       erklärte Emine Dzheppar, stellvertretende Informationsministerin der
       Ukraine und einzige Krimtatarin in der ukrainischen Regierung, gegenüber
       der taz. „Doch wir müssen uns den Kontext ansehen, in dem dieser Mord
       geschehen ist. Auf der Krim werden die Krimtataren eingeschüchtert,
       verfolgt und systematisch diskriminiert.“
       
       Die Einschüchterungen, so die ukrainische Ministerin, seien für die
       Bevölkerung ein Signal, dass die Krimtataren für die russischen Behörden
       Menschen zweiter Klasse seien und weniger Rechte hätten als die anderen
       Bewohner der Krim.
       
       Inzwischen scheint man auch international die ernste Menschenrechtslage auf
       der Krim wahrzunehmen. Anfang dieser Woche trafen sich Krimtataren mit dem
       für Menschenrechte zuständigen UN-Untergeneralsekretär Ivan Šimonović in
       Kiew.
       
       3 Jun 2016
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Bernhard Clasen
       
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