# taz.de -- Proteste in Bosnien und Herzegowina: Gegenwind für Serbenführer Dodik
       
       > Die Zusammenstöße blieben aus. Zehntausende haben in der „Republika
       > Srpska“ friedlich gegen die politische Führung der Teilrepublik
       > demonstriert.
       
 (IMG) Bild: Aus allen Landesteilen angereist: Demonstranten in Banja Luka am Wochenende
       
       Sarajevo taz | Die politische Führung der „Republika Srpska“ unter
       Ministerpräsident Milorad Dodik reagierte nervös, als sich am Wochenende
       zehntausende Demonstranten des oppositionellen „Bündnisses für den Wechsel“
       auf den Weg nach Banja Luka machten, der Hauptstadt der serbischen
       Teilrepublik in Bosnien und Herzegowina.
       
       Dodiks Polizei stoppte am Samstagvormittag viele Busse mit Demonstranten,
       die aus allen Landesteilen angekommen waren, schon vor der Stadtgrenze.
       Gleichzeitig rief er seine Anhänger auf, ebenfalls im Stadtzentrum zu
       demonstrieren. Er bezichtigte die Opposition, die Existenz der „Republika
       Srpska“ aufs Spiel zu setzen. Schon im Vorfeld der Demonstration wurden die
       Führer der Opposition als „Volksverräter“ denunziert.
       
       Die befürchteten Zusammenstöße blieben aber aus. Das lag auch am klugen
       Verhalten des „Bündnisses für den Wechsel.“ Den Provokationen von
       Regierungsseite entgegneten sie, indem sie Redner auftreten ließen, die den
       patriotischen Aufrufen auf der Gegenseite in Nichts nachstanden.
       
       So erklärte die Tochter des vom UN-Tribunal für Kriegsverbrechen in Den
       Haag verurteilten ehemaligen Serbenführers Radovan Karadzic, ihr Vater
       unterstütze das Anliegen der Opposition. Der Versuch Dodiks, mit dem Apell
       an den Nationalismus die bosnisch-serbischen Oppositionellen in die
       „vaterlandslose“ Ecke zu stellen, musste so scheitern.
       
       ## Korruption, Zensur und ein Bündnis mit Putin
       
       Indes bleiben die Forderungen des Bündnisses aus Serbisch-Demokratischer
       Partei (SDS), den Liberalen unter Führung des serbischen Mitglieds im
       Präsidentschaftsrats Bosnien und Herzegowinas, Mladen Ivanic, und vielen
       Kleinparteien und unabhängigen Persönlichkeiten weiter auf der
       Tagesordnung.
       
       So wird die Korruption der Regierung unter dem „Diktator“ Milorad Dodik
       angeprangert. Dodik wolle mit aller Kraft an der Macht bleiben, um eine
       Aufdeckung seiner persönlichen Verstrickung in die Korruption zu
       verhindern, erklärte die Opposition. Dodik habe die Medienfreiheit
       beschränkt und sei ein Bündnis mit dem russischen Präsidenten Vladimir
       Putin eingegangen, kritisiert sie.
       
       Im Hintergrund steht die Frage, wie die serbische Teilrepublik in Bosnien
       und Herzegowina mit der Anforderung der EU, Reformen durchzuführen, die
       letztlich in eine Integration des Gesamtstaates Bosnien und Herzegowina in
       die EU führen sollen, mitwirken will.
       
       Die serbisch-bosnische Opposition will Kompromisse mit den anderen
       Volksgruppen, den Bosniaken (Muslimen) und Kroaten, eingehen, um dieses
       Ziel zu erreichen, Dodik setzt mit seinem autoritären Regierungsstil auf
       Konfrontation und Abspaltung des serbisch verwalteten Landesteils vom Staat
       Bosnien und Herzegowina und auf das Bündnis mit Putin, beschwört
       ironischerweise gleichzeitig aber die europäische Zukunft der „Republika
       Srpska“. Für den nächsten Monat sind weitere Demonstrationen der Opposition
       angekündigt.
       
       16 May 2016
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Erich Rathfelder
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Bosnien und Herzegowina
 (DIR) Republika Srpska
 (DIR) Milorad Dodik
 (DIR) Serbien
 (DIR) Bosnien und Herzegowina
 (DIR) Bosnien und Herzegowina
 (DIR) Sarajevo
 (DIR) Bosnien und Herzegowina
 (DIR) Bosnien und Herzegowina
 (DIR) Kroatien
 (DIR) Srebrenica
 (DIR) Bosnien und Herzegowina
 (DIR) Reiseland Bosnien-Herzegowina
 (DIR) Reiseland Bosnien-Herzegowina
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Kommentar Referendum in Bosnien: Eine gefährliche Provokation
       
       Die Republika Srpska hat über ihren Nationalfeiertag abgestimmt. Das Votum
       könnte Bosnien-Herzegowina erneut in den Abgrund reißen.
       
 (DIR) Referendum in der Republika Srpska: „Wir sind gegen Bosnien“
       
       Die Mehrheit in der serbischen Teilrepublik dürfte heute dafür stimmen, den
       Unabhängigkeitstag 9. Januar künftig wieder als nationalen Feiertag zu
       begehen.
       
 (DIR) Kampagne in Bosnien und Herzegowina: Mit Kampfparolen auf Stimmenfang
       
       Der Präsident der serbischen Teilrepublik, Milorad Dodik, will am 25.
       September über einen nationalen Feiertag abstimmen lassen.
       
 (DIR) Die Türkei und der Balkan: Erdoğan ringt um Einfluss
       
       Der türkische Präsident sieht sich als Vertreter der muslimischen
       Bevölkerung auf dem Balkan. Doch über Druckmittel verfügt er dort nicht.
       
 (DIR) EU und Bosnien-Herzegowina: Durchbruch dank Merkel
       
       Brüssel unterzeichnet ein Assoziierungsabkommen mit Bosnien-Herzegowina.
       Die deutsche Regierung bringt die Serben dazu, doch noch einzulenken.
       
 (DIR) „Kid's Festival“ in Sarajevo: Fanal gegen den Nationalismus
       
       Seit 13 Jahren organisiert eine Deutsche in Sarajevo ein Festival für
       zehntausende Kinder. Endlich darf sie es im Stadtzentrum ausrichten.
       
 (DIR) Regierungskrise in Kroatien: Koalition über Korruption zerstritten
       
       Die Rechtsregierung in Kroatien scheint vor dem Ende zu stehen. Es geht um
       Korruption und Kontrolle. Eine Neuwahl scheint unausweichlich.
       
 (DIR) Gedenken an Genozid in Srebrenica: Noch immer tiefe Wunden
       
       20 Jahre nach dem Massaker an 8.000 Muslimen in Srebrenica ist Versöhnung
       weit entfernt. Manche Orte verweigern das Gedenken.
       
 (DIR) Ethnische Säuberung von 1992: Weiße Armbänder für Nicht-Serben
       
       Im Sommer 1992 begannen die ethnischen Säuberungen in der Stadt Prijedor.
       Serben und Bosniaken gedenken gemeinsam der Geschichte.
       
 (DIR) Bosniens Musikszene: „Wo ist die nächste Party?“
       
       Eher nicht mit Balkan-Beats: Netlabel-Macher und DJ Andrej Imamovic (30)
       über Teenager-Alltag im Krieg und die Rückkehr der Touristen nach Sarajevo.
       
 (DIR) Endlich wieder Reiseland: Auch Sarajevo ist wieder da
       
       Die schlanken Minarette der ersten Moscheen neben den trutzigen Türme der
       katholischen und orthodoxen Kirchen zeigen die kulturelle Mischung, die für
       Bosnien typisch war.