# taz.de -- Hummels, der BVB und der FC Bayern: Dann geh doch
       
       > Mats Hummels wird wohl Dortmund verlassen und zu Bayern wechseln. Gewiss
       > wird der Verteidiger kaum zu ersetzen sein. Unser Autor ist empört.
       
 (IMG) Bild: Bitte geh nicht. Mats Hummels und Trainer Thomas Tuchel
       
       Mats Hummels hat sich immer von den meisten anderen Bundesligaspielern, die
       die Sprechblasenschule der Vereine absolviert hatten („Ja gut, vorne hätten
       wir mehr draufgehen müssen“), wohltuend unterschieden, weil er als einer
       der wenigen Fußballer unfallfrei Sätze in die Kamera sagen konnte.
       
       Hummels war also nicht nur eloquent und intelligent, er sah auch noch
       ziemlich gut aus, und dann spielte er auch noch elegant und intelligent, er
       beherrschte den öffnenden Pass mit Außenrist, er traumwandelte durch die
       Reihen der Gegner und selten hatte man das Gefühl, er könnte in einer
       kritischen Situation mal keine Lösung finden.
       
       Natürlich gab es auch Phasen, wo ihm spektakuläre Böcke unterliefen, eine
       Kopfballrückgabe zur Vorlage für den gegnerischen Stürmer geriet, aber
       davor sind selbst große Spieler nicht gefeit. Mit seiner Ausstrahlung kann
       er es bereits locker mit Beckenbauer oder Johan Cruyff aufnehmen.
       
       Jetzt hat er sich nach langer Überlegung entschieden, zu Bayern München zu
       wechseln, und damit gibt er das Projekt BVB auf, für das er sich lange Zeit
       starkgemacht hat, als er die Abgänge von Sahin, Kagawa, Götze und
       Lewandowski missbilligte. Und das ausgerechnet zu einem Zeitpunkt, in dem
       die Dortmunder zwar nur Zweiter wurden, das aber mit einer
       Rekordpunkteausbeute, und in dem sie, sieht man vom Ausrutscher in
       Liverpool ab, einen besseren, erfolgreicheren Fußball spielen als unter
       Jürgen Klopp.
       
       ## Warum nicht Barcelona oder Madrid?
       
       Wenn da eben nicht die Bayern wären, die eben noch ein bisschen besser
       sind. Sie dominieren die Liga, und nur Dortmund kann ein bisschen
       mithalten. Mit dem Wechsel von Hummels wird diese Dominanz noch weiter
       zementiert, denn Hummels ist ein Spieler, der in jeder Mannschaft eine
       tragende Rolle spielen würde. Warum nicht Barcelona oder Madrid? Das wäre
       ja zu verstehen, denn man will ja auch nicht sein gesamtes Spielerleben in
       einer der traurigsten Städte Deutschlands verbringen.
       
       Niemand weiß zwar, warum die Bayern Hummels brauchen, denn sie haben
       bereits Boateng, aber einen Spieler wie Hummels lässt man eben nicht links
       liegen. Dass man damit den Konkurrenten Dortmund schwächt, war in diesem
       Fall gar nicht mal die Strategie der Bayern, ist aber umso besser.
       
       Dem Spiel der Dortmunder wird es an Überraschendem fehlen. Selbst der
       Weggang Gündoğans zu Manchester City wird nicht die Lücke reißen, wie sie
       Hummels reißt, denn der Mittelfeldmann ist leichter zu ersetzen. Hummels
       wird im Gegensatz zu all den anderen Spielern, die ihr Glück in der Fremde
       gesucht haben, wie Sahin, Kagawa, nicht zurückkehren. Wie Götze aufgenommen
       würde, wenn, wie jetzt gerüchteweise zu hören ist, ein Tauschgeschäft mit
       Hummels zustande käme, ist sehr offen.
       
       Den Fans jedenfalls ist die Veränderung von Hummels nicht entgangen. Es ist
       fast so wie mit Sammer damals, der erfolgreich, aber unbeliebt war. In
       Nahaufnahmen sieht man immer häufiger sein von Ehrgeiz verzerrtes Gesicht,
       man sieht ihm den Ärger über die Fehler seiner Mitspieler an, und seine
       Äußerungen in der Öffentlichkeit sind glatt und nichtssagend wie die eines
       BWLlers. Das Sympathische, das Leichte, die unschuldig-naive Freude, der
       Glamour eines Paradiesvogels, den etwa Aubameyang ausstrahlt, ist bei
       Hummels verloren gegangen.
       
       ## Dortmund wird sich neu erfinden müssen
       
       Hummels passt zu Bayern, wo der Sieg auch mit unfairen Mitteln erzwungen
       und „Siegergen“ genannt wird. Dortmund hingegen wird sich neu erfinden
       müssen, was um einiges spannender ist, als mit bereits fertigen Stars für
       die Vorhersehbarkeit des Fußballs und damit auch für seine sinkende
       Attraktivität zu sorgen. Schade, dass kein echter Konkurrenzkampf mehr
       stattfindet, denn es wäre spannend, zu wissen, was gewesen wäre, was die
       „Goldene Generation“ in Dortmund alles hätte erreichen können.
       
       Oder eben auch nicht, denn Fußball ist manchmal eben doch unvorhersehbar,
       wie man an dem Absturz Dortmunds auf dem letzten Platz in der letzten
       Saison sehen konnte, was, wie man heute weiß, an dem abgenutzten Konzept
       Klopps lag, der jedoch genau mit diesem Konzept mit Liverpool die
       Dortmunder aus der Europa League warf. Mit Geld und den entsprechenden
       Spielern allerdings lässt sich dieses Risiko minimieren. Das Deprimierende:
       Bayern wird auch die nächsten vier Jahre Meister und die besten Spieler
       werden auch weiterhin von Bayern angezogen wie Fliegen von einem
       Misthaufen.
       
       29 Apr 2016
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Klaus Bittermann
       
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