# taz.de -- Total verkorkste Rückrunde: Vor den Trümmern einer Saison
       
       > Die Fußballer vom VfL Wolfsburg verlieren gegen die abstiegsbedrohten
       > Augsburger 0:2 und treiben die Fans aus dem Stadion.
       
 (IMG) Bild: Nicht bloß ein Spiel verloren: Sinnbildlich für eine völlig missglückte Rückrunde liegt der Wolfsburger Ricardo Rodriguez im Spiel gegen Augsburg auf dem Boden rum
       
       WOLFSBURG taz | Hier hallten Augsburger Jubelrufe durch den Kabinengang,
       dort knallte der Wolfsburger Maximilian Arnold seine Schienbeinschützer und
       ein getauschtes Trikot auf den Boden und knurrte, was man in so einer
       Gefühlslage knurrt: „Bitter“ und so weiter. Was man als Möglichkeit hatte
       einkalkulieren müssen, hatte sich bewahrheitet: Das 0:2 gegen den FC
       Augsburg am vergangenen Samstag zeigte den Fußball-Bundesligisten VfL
       Wolfsburg im totalen Leerlauf. Da ging nichts mehr – außer die
       Anhängerschaft, die vorzeitig und in Scharen aus der VW-Arena flüchtete..
       
       Die Stimmung in Wolfsburg ist ohnehin alles andere als gut. Da der
       Volkswagen-Konzern einen Rekordverlust von 1,6 Milliarden Euro meldet, weit
       höhere Milliardenzahlungen an betrogene Kunden anstehen und die Zukunft
       sehr ungewiss ist, die eben noch nach Welteroberung auszusehen schien.
       
       Letzteres gilt auch für die VW-Tochter VfL, die nach ihrem bisher besten
       Jahr mit Vize-Meisterschaft und DFB-Pokalsieg nun mit einem richtig harten
       Rückschlag umgehen muss. Man hat zwei große Heimsiege errungen in der
       Champions-League gegen Manchester United und im Viertelfinalhinspiel gegen
       Real Madrid. Aber wenn man die Saison als Ganzes sieht, haben Kader, Team
       und Spielstil einen deutlichen Qualitätsverlust offenbart.
       
       Auch die Club-Kultur ist nicht so fortgeschritten, wie VfL-Chef Klaus
       Allofs und Trainer Dieter Hecking gehofft haben mögen, um eine solche
       Saison zumindest ordentlich zu Ende zu bekommen. Wenn man nach 46 Sekunden
       das 0:1 bekommt – sechster Rückrundentreffer des Augsburger Stoßstürmers
       Alfred Finnbogason – ist das gar kein gutes Zeichen, aber man kann immer
       noch reagieren. Der VfL tat das aber nicht, schob den Ball hin und her und
       kontrollierte sich damit selbst – wie zu oft in dieser Saison. Der FC
       Augsburg, der eigentlich nervös hätte sein müssen, da abstiegsbedroht,
       konnte seinen laufintensiven Defensivstil relativ entspannt durchsetzen. Es
       folgte ein „zweiter fataler Fehler“, wie Hecking sagte, diesmal von Luiz
       Gustavo, der Altintop (57.) ein Tor ermöglichte. Das war’s.
       
       Es sind weniger die drei Punkte, die dem VfL fehlen. Die Wolfsburger Chance
       auf das Erreichen der Europa-League war eh minimal. Aber nun muss die
       Rückrunde als völlig missglückt gelten, in der nur noch die mutmaßlichen
       Absteiger Hannover und Frankfurt schlechter sind. So ein Spiel, mit dem man
       auch noch das Stadion leer spielt, wirkt sich auf die Gesamtbetrachtung aus
       und entsprechend wird man nun harscher mit einzelnen Akteuren umgehen.
       
       Etwa mit dem im August mit Blick auf die Champions-League verpflichteten
       WM-Teilnehmer Dante, dessen mangelnde Zweikampfstärke und Schusseligkeit
       für einen Innenverteidiger einfach nicht ideal ist. Auch der vor der Saison
       geholte Nationalspieler Max Kruse steht im Fokus, nicht wegen seines
       Privatlebens, sondern weil er auf dem Platz nur noch fahrig wirkt und mit
       dieser Fahrigkeit das 0:1 einleitete. Oder Andre Schürrle, diesmal
       gesperrt, der womöglich einfach nicht besser spielen kann, als er in
       Wolfsburg spielt.
       
       So könnte man weiter kritteln und auch nochmal darauf hinweisen, dass der
       70-Millionen-Euro-Verkauf von Kevin De Bruyne unter diversen Aspekten
       sinnvoll war – aber der singuläre Tempodribbler eben nicht kompensiert
       werden konnte, sodass Wolfsburg große Teile der Saison den Ball in den
       eigenen Reihen laufen lassen konnte, aber eben nicht mehr. Der einzige
       Kontersieg war das 2:0 gegen Real vor wenigen Wochen. Das Spiel gegen
       Augsburg war ironischerweise eine Umkehrung des Real-Spiels.
       
       Ob die Aufregung im und um den Club so groß ist, dass es zu einem größeren
       Umbruch kommt? Zum einen gibt es Spieler, die weiter Champions-League
       spielen wollen. Zum anderen hat Allofs gesagt, dass man sicher „nicht mit
       diesem Team in die neue Saison gehen“ werde. Dennoch ist ein Total-Reset
       bei Allofs nicht zu erwarten und wäre auch kein gutes Zeichen, schließlich
       baut er seit vier Jahren auf und drei Jahre lang passte ein Stein zum
       anderen.
       
       Es sind in einem Fußballteam und im Verlauf einer Saison oft kleine Risse,
       die dazu führen, dass das Ganze bricht. Man muss sie finden und dann
       kitten. Aber das ist leicht gesagt.
       
       24 Apr 2016
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Peter Unfried
       
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