# taz.de -- Baustelle des Humboldt Forums in Berlin: Zu Besuch beim Schlossgespenst
       
       > Die Mauern des Humboldt Forums stehen. Kommt einem drinnen das Gruseln?
       > Beim Besuch erfährt man, dass Ungenauigkeiten der Handwerker erwünscht
       > sind.
       
 (IMG) Bild: Kahl, kalt: So sieht's aus im Innern des Retroschlosses
       
       Es macht plitsch und platsch, plitsch und platsch. Dann wieder plitsch,
       platsch, plitsch, platsch. Christian Hansen führt eine Besuchergruppe durch
       die Schlossbaustelle in Mitte, besser gesagt: durch eine große Pfütze.
       Plitsch und platsch, plitsch und platsch. Die dicken Sicherheitsschuhe
       werden nass, manches Hosenbein wird hochgekrempelt, Zehenspitzenakrobatik
       kommt zum Einsatz. Jetzt bloß keinen Spritzer Dreck abbekommen. Dann ist
       der kleine See innerhalb der künftigen Schlossgemäuer durchquert – und
       damit die einzige Stelle, an der Gefahr droht, sich schmutzig zu machen.
       
       Seit Ostersonntag stehen die noch unfertigen Tore des Berliner
       Stadtschlosses – auch Humboldt Forum genannt – für Besucher offen: Die
       weltweit wohl sauberste Baustelle kann wieder besichtigt werden. In weniger
       als zwei Jahren soll der umstrittene Koloss, weitgehend finanziert durch
       Bundesgelder, fertig sein: Am 14. September 2019, gleichzeitig dem 250.
       Geburtstag von Namensgeber Alexander von Humboldt, wollen die Planer um
       Architekt Francesco Stella alle Arbeiten abgeschlossen haben – „am größten
       Kulturbauvorhaben zu Beginns des 21. Jahrhunderts“, wie die
       Schloss-Stiftung vollmundig erklärt.
       
       Bei der Eröffnung setzt man freilich lieber auf einen fließenden Prozess
       als auf ein fixes Datum, erklärt Schlossführer Christian Hansen seiner
       Besuchergruppe. Und fügt verschmitzt hinzu: „Man weiß ja: Berlin und seine
       Großbauprojekte …“ Ein Desaster à la BER scheint auf der Schlossbaustelle
       indes unwahrscheinlich. Sehr aufgeräumt, fast schon klinisch rein sieht der
       Ort aus, an dem unter der Woche gemauert und gesägt wird, wo „Ziegel
       händisch verputzt werden“. So will man erreichen, dass eine möglichst
       authentische Rekonstruktion des 1950 von der DDR-Führung gesprengten
       Originals entsteht, erklärt Hansen – absichtliche handwerkliche
       Ungenauigkeiten, die beim Verputzen von Ziegeln ohne Hilfsmittel nun mal
       vorkämen, inbegriffen.
       
       Hansen, der mit viel Liebe zum Detail aufwartet, führt durch den großen
       Eingangsbereich, den Schlüter-Raum und die Nord-Süd-Passage, die der
       Öffentlichkeit später Tag und Nacht zur Verfügung stehen soll. Er lässt
       einen Blick auf die „via triumphalis“ werfen, die Brücke an der früheren
       „Cöllner Seite“, wo sich die Monarchen bejubeln ließen. Auch Dom und Altes
       Museum bekommen die Besucher beim Blick in die Umgebung zu Gesicht. Die
       90-minütige Führung ist ein kurzweiliger Trip. Das Schloss selbst wirkt
       indes etwas kahl, was auch an den kühlen Temperaturen innerhalb der Gemäuer
       liegt.
       
       Vom künftigen Glanz sieht man noch wenig, graue Betonmassen dominieren.
       Erst ab Juni werden 1.000 Facharbeiter für den Innenausbau sorgen, der eine
       zeitgenössische Nutzung ermöglichen soll. Immer sonntags darf man den
       Fortschritt beobachten – und sich dabei in Zehenspitzenakrobatik üben.
       
       28 Mar 2016
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) David Joram
       
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