# taz.de -- Präsidentschaftsvorwahlen in den USA: Cruz lässt Trump-Blase zerplatzen
       
       > Bei der ersten Vorwahl im US-Bundesstaat Iowa gewinnt Ted Cruz auf Seiten
       > der Republikaner. Hillary Clinton liegt hauchdünn vor Bernie Sanders.
       
 (IMG) Bild: Der ultrakonservative Ted Cruz wird von seinen Anhängern nach dem Wahlsieg in Iowa gefeiert.
       
       Davenport/Des Moines taz/dpa | Im Präsidentschaftswahlkampf der USA hat Ted
       Cruz bei den Republikanern die erste Vorwahl im Bundesstaat Iowa für sich
       entschieden. Bei den Demokraten lag Ex-Außenministerin Hillary Clinton (68)
       zuletzt mit einem hauchdünnen Abstand von nur einigen zehntel
       Prozentpunkten vor Bernie Sanders (74), dem Senator aus Vermont.
       
       Cruz, der erzkonservative Senator aus Texas, verwies mit etwa 28 Prozent
       Donald Trump (24 Prozent) auf Platz zwei. Für den Immobilienmogul aus New
       York ist das eine schmerzliche Niederlage. Trump sagte aber, er fühle sich
       von Platz zwei geehrt.
       
       Auf einem sehr starken dritten Platz landete bei den Republikanern Marco
       Rubio, der Senator aus Florida, mit etwa 23 Prozent knapp hinter Trump. In
       einer ersten Reaktion sagte er, er wolle die Partei im weiteren Wahlkampf
       wieder vereinen.
       
       Bei den Demokraten stieg Ex-Gouverneur Martin O‘Malley aus dem Rennen um
       das Weiße Haus aus, damit bleiben nurmehr Clinton und Sanders. Der Demokrat
       landete nach stabilen Trends bei den Vorwahlen in Iowa bei nicht einmal
       einem Prozent der abgegeben Stimmen. O‘Malley war von Beginn an ohne
       Chance. Der republikanische Bewerber Mike Huckabee beendete das Rennen
       ebenfalls.
       
       ## Entfremdung vom Establishment
       
       Was Iowa zeigt, ist die Entfremdung der US-amerikanischen Wähler von ihrer
       politischen Klasse, vom Establishment, um es mit dem Modewort der Kampagne
       2016 zu sagen.
       
       Viele trauen traditionellen Politikern nichts mehr zu, sie hadern mit
       Barack Obama, dem mit Hoffnungen überladenen Präsidenten, sie verzweifeln
       an einem Kongress, in dem die Republikaner den Ton angeben und der sich am
       Rande der Handlungsunfähigkeit bewegt. Die Volkswirtschaft ist zwar nach
       Finanzkrise und Rezession wieder gewachsen, die persönlichen Einkommen
       indes stagnieren, wenn sie real nicht sogar sinken. Die Schuld dafür gibt
       man der Politik.
       
       Die teils aufgewühlte, teils verbitterte Stimmungslage hat Kandidaten, die
       noch vor Monaten als krasse Außenseiter galten, in Iowa triumphieren
       lassen. Bei den Republikanern Ted Cruz, den erst 2012 auf der
       Tea-Party-Welle gewählten Senator aus Texas, einen erzkonservativen
       Bibelprediger, dem es gelungen ist, sich als Sprecher der christlichen
       Rechten zu profilieren.
       
       Bei den Demokraten Bernie Sanders, den Senatsveteranen aus Vermont.
       Psychologisch ist er der Sieger, weil ihm noch vor Kurzem keiner ein
       solches Kopf-an-Kopf-Rennen zugetraut hatte. Was sich bei den Demokraten
       abzeichnet, ist ein echter Wettstreit der Ideen, womöglich einer, der sich
       über Monate hinziehen wird – Sanders‘ europäisch-sozialdemokratisches
       Programm gegen Clintons Pragmatismus der amerikanischen Mitte.
       
       ## Cruz nur eine theoretische Option
       
       Bei Cruz wird sich zeigen müssen, ob der Spitzenplatz in Iowa mehr ist als
       nur eine Eintagsfliege. Bereits 2008 und 2012 hat der „Hawkeye State“ mit
       Mike Huckabee und Rick Santorum Kandidaten zu Siegern gekürt, die
       irgendwann untergingen.
       
       Schon in New Hampshire könnte Cruz zurückfallen. Obwohl er später
       vielleicht in einigen Südstaaten punktet, dass er das Kandidatenduell für
       sich entscheidet, ist wohl eher eine theoretische Option. Zu sehr ist er
       ein Mann der Nische, der Evangelikalen, die eben nur ungefähr ein Drittel
       der Anhänger der „Grand Old Party“ bilden, wenn auch in Iowa deutlich mehr.
       
       Der republikanische Star der Wahlnacht heißt Marco Rubio, der bühnenstarke
       Senkrechtstarter mit kubanischen Wurzeln, der die übrigen moderateren
       Bewerber – Jeb Bush, John Kasich, Chris Christie – überraschend deutlich
       abgehängt hat.
       
       Auch Rubio profitiert vom Zorn auf das Establishment, wenngleich er
       inzwischen selber dazugehört: Zum einen versteht er es, sich als frisches
       Gesicht zu verkaufen, zum anderen war es die Tea Party, die ihm 2010, als
       er die gesamtnationale Bühne betrat, beim Senatsvotum in Florida zu einem
       Sensationssieg verhalf.
       
       ## Auf dem Boden der Realität
       
       Und Donald Trump? Die Trump-Blase, scheint es, ist gerade am Platzen. Ein
       selbstverliebter Milliardär, der (nicht existierende) Programme durch den
       Spruch ersetzt, dass Amerika unter seiner Regie wieder gewinnen werde,
       schon weil er immer gewonnen habe, hat zum Auftakt der Vorwahlen verloren.
       
       Damit ist der Lack ab, der Prahlhans zurückgeholt auf den Boden der
       Realität. Zieht der Unternehmer auch in New Hampshire den Kürzeren, gegen
       wen auch immer, ist es vielleicht schon der Anfang vom Ende der
       Donald-Trump-Show. Immerhin, sie hätte das Land dann über Monate in Atem
       gehalten.
       
       Die US-Vorwahlen werden schon in der nächsten Woche im nordöstlichen
       Bundesstaat New Hampshire fortgesetzt. Bei den Demokraten liegt dort
       Sanders laut Umfragen deutlich in Front. Der 74 Jahre alte Senator kommt
       aus dem Nachbarstaat Vermont. Bei den Republikanern führt Trump in New
       Hampshire mit deutlichem Vorsprung.
       
       Nach den Vorwahlen werden Demokraten und Republikaner im Sommer bei großen
       Parteitagen mit Tausenden Delegierten ihren Präsidentschaftskandidaten
       benennen. Insgesamt muss ein Kandidat in den Vorwahlen bei den
       Republikanern 1.237 Delegierte auf sich vereinen, bei den Demokraten sind
       es 2.382 Delegierte.
       
       In dieses Rennen schickt Iowa 30 Delegierte bei den Republikanern und 44
       bei den Demokraten. Bei aller wichtigen Symbolik der ersten Wahl in Iowa
       spricht dies eher für ein langes Rennen.
       
       2 Feb 2016
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Frank Herrmann
       
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