# taz.de -- Werder-Erfolg dank Claudio Pizarro: Der fünfte Stadtmusikant
       
       > Claudio Pizarro führt Werder ins Pokal-Halbfinale. Nach anfänglichen
       > Problemen ist der 37-Jährige einer der großen Leistungsträger im Team.
       
 (IMG) Bild: In Leverkusen kaum zu bremsen: Claudio Pizarro
       
       Leverkusen taz | Viktor Skripnik ist neun Jahre älter als Claudio Pizarro
       und in seiner Rolle als Trainer von Werder Bremen auch Vorgesetzter des
       berühmten Stürmers. In der Halbzeit des Pokalspiels bei Bayer Leverkusen
       hat Skripnik das Wort trotzdem dem Spieler überlassen. Pizarro schwärmt
       seit Tagen vom zweitwichtigsten nationalen Wettbewerb, schließlich ist er
       der erfahrenste DFB-Pokal-Veteran, der gegenwärtig im deutschen Fußball
       unterwegs ist.
       
       Sechsmal hat er den Titel bereits gewonnen, „darüber habe ich auch in der
       Halbzeit gesprochen“, erzählte er nach dem Spiel, das Werder Bremen
       [1][verdient mit 3:1 gewonnen hatte.] Und den Plan für den Rest der Partie
       hat der Routinier auch festgelegt. Das Team müsse „in Ruhe weiterspielen,
       die Überzahl nutzen und cool bleiben“, lautete seine Forderung. Genauso
       haben sie es gemacht.
       
       Und der coolste von allen ist dabei Pizarro selbst gewesen. Er glänzte als
       Nervensäge im Leverkusener Spielaufbau, als permanent präsente
       Anspielstation für die Kollegen, und er schoss das wichtige Tor zum 2:1
       kurz vor der Pause. Bayers Wendell hatte Fin Bartels gefoult und auch noch
       die rote Karte gesehen – die Schlüsselszene des Spiels. Pizarro schob den
       Strafstoß souverän ins Tor.
       
       „Auf ihn ist Verlass, seine Präsenz und wie er die Bälle festhält und
       weiter verteilt, das hat schon Klasse“, sagte Kapitän Clemens Fritz. Längst
       nicht jeder hat erwartete, dass der 37-Jährige noch einmal so wertvoll
       wird.
       
       ## Zum neunten Mal im Endspiel?
       
       In den ersten Wochen nach seiner Rückkehr vom FC Bayern nach Bremen wirkte
       Pizarro etwas schlapp. Skeptiker meinten, er sei zu alt für die Bundesliga.
       Nun ist er zu einem Leistungsträger avanciert und kann im Pokal in der
       Spätphase seiner Karriere sogar noch Historisches bewerkstelligen.
       
       Sollte Werder das Halbfinale gewinnen, könnte Pizarro der erste Spieler
       werden, der zum neunten Mal im Endspiel von Berlin steht. Sechsmal hat er
       gewonnen, nur Bastian Schweinsteiger ist mit sieben Titeln noch
       erfolgreicher. Mit den 30 Treffern, die Pizarro seit Dienstagabend
       geschossen hat, kann aber selbst Schweinsteiger nicht mithalten. Kein
       aktiver Spieler erzielte in diesem Wettbewerb mehr Tore.
       
       Diese Statistiken, die viel mit Pizarros glorreicher Vergangenheit zu tun
       haben, veredelt er gerade mit einer bemerkenswerten Gegenwart. In den
       vergangenen sechs Pflichtspielen für die Bremer ist ihm jeweils mindestens
       ein Tor gelungen. „Ich fühle mich nicht wie 37, ich fühle mich wie Claudio
       Pizarro“, hat er neulich in einem Interview mit 11 Freunde [2][auf die
       Frage nach seinem Alter erklärt.]
       
       Und genauso gewitzt spielt er auch Fußball. „Claudio ist ein Glücksfall, er
       übernimmt Verantwortung auf dem Platz, ist aber auch in der Kabine
       wichtig“, sagte Manager Thomas Eichin nach dem Coup von Leverkusen, der von
       einer Aura des Rätselhaften umgeben war.
       
       ## Rucksack von 50 Kilo hintendran
       
       Dass Werder Bremen plötzlich eine beeindruckend stabile Abwehrformation
       fand und als Tabellensechzehnter der Bundesliga wie ein echtes Spitzenteam
       auftrat, ließ sich noch mit dem überraschenden 4-1-4-1-System erklären, das
       bestens funktionierte. Warum allerdings die nach dem 0:0 gegen den FC
       Bayern hoch gelobten Leverkusener, die den Pokalsieg zu einem wichtigen
       Saisonziel erklärt hatten, derart lustlos und blutleer spielten, konnte
       niemand verstehen.
       
       Er habe das Gefühl gehabt, „das kann nicht passieren, weil du einfach so
       gefestigt bist“, sagte Stürmer Stefan Kießling und berichtete dann von dem
       „Gefühl, dass jeder einen Rucksack von 50 Kilo hintendran gehabt hat, weil
       gar nichts zustande gekommen ist“. Seltsam, diese Leverkusener.
       
       Bayer bleibt also weiterhin ohne Titel, während Pizarro im hohen Alter noch
       die ganz großen Träume lebt. Er will nach Berlin und „zur WM will ich auch
       noch, das wäre die Krönung meiner Laufbahn“. Derzeit spielt er mit Peru in
       der Qualifikation, er wäre 40, wenn das Weltturnier 2018 in Russland
       stattfindet. Aber diesem Fußballer ist das zweifellos zuzutrauen.
       
       10 Feb 2016
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Viertelfinale-DFB-Pokal/!5276130
 (DIR) [2] http://www.11freunde.de/interview/claudio-pizarro-ueber-werder-risiken-und-den-hype-um-ihn
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Daniel Theweleit
       
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