# taz.de -- Kolumne Press-Schlag: Synthese von Emotion und Expertise
       
       > Technokraten, wohin man im Profi-Fußball auch blickt: Warum der FC Bayern
       > München Uli Hoeneß unbedingt braucht.
       
 (IMG) Bild: Früher: Einer kam, einer ging. Heute: Einer kommt, einer geht. Uli Hoeneß und Pep Guardiola im Dezember 2013
       
       Technokraten genießen nicht eben den besten Ruf. Entern sie aufgrund einer
       Staatskrise Regierungsposten, dann trifft das eingefleischte Demokraten
       schon mal ins Mark. George Orwell sah in Technokraten sogar Wegbereiter des
       Faschismus.
       
       Wirken diese höchst effektiven grauen Mäuse jedoch in einem
       Wirtschaftsunternehmen, hat niemand etwas gegen ihre Expertise, ihr
       wundersames Werkeln zum Wohle des Konzerns. In der Wirtschaft genießen
       Technokraten durchaus hohes Ansehen.
       
       Aber trifft das auch auf Sportunternehmen zu, auf den FC Bayern München
       etwa, der, wie jetzt gerade die Wirtschaftsprüfer von Deloitte festgestellt
       haben, den fünftgrößten Umsatz aller Topklubs in Europa vorzuweisen hat?
       
       Wie viel Technokratie verträgt also ein Großverein? Es ist wohl eine Frage
       der Dosis: Technokratenmäßig sollte sich der FC Bayern irgendwo zwischen
       BMW und dem Ortsverein einer beliebigen Partei bewegen. Bei den Bayern
       führt der gänzlich uncharismatische Karl Hopfner den Aufsichtsrat und ist
       zudem Präsident. Karl-Heinz-Rummenigge ist auch eher der Riege der
       Technokraten zuzurechnen.
       
       Okay, sie haben den Super-super-Pep, aber bei einem Klub kann die
       Identifikationsplattform nicht groß genug sein. All die Zuschreibungen,
       Träume, Begehrlichkeiten, Wünsche und Hoffnungen der Fans sollten da
       zwischengelagert und schließlich verwertet werden. Je mehr an immaterieller
       Ware angeliefert wird, desto besser für den Klub.
       
       Deswegen braucht es auch in der Verwaltungsebene eines Fußballklubs
       charismatische Figuren. Warum nicht sogar Leute von geradezu
       Dostojewski’schen Format auf der Führungsebene haben? Warum nicht einen Uli
       Hoeneß wieder auf den Posten des FCB-Präsidenten hieven?
       
       ## Wahnsinnig gute Sozialprognose
       
       Hoeneß kommt Ende Februar frei. Er, der nach einem Steuerdelikt zu
       dreieinhalb Jahren verurteilt wurde, verlässt das Gefängnis nach der Hälfte
       der Zeit.
       
       Das ist ein Privileg, das nur selten gewährt wird, aber warum soll Hoeneß,
       der zweifelsfrei prominent ist, nicht von diesem Rechtsgut profitieren, hat
       er sich doch anscheinend mustergültig geführt in den Anstalten, seine
       Schuld (immerhin 43 Millionen Euro) restlos beglichen und eine wahnsinnig
       gute Sozialprognose vorzuweisen? Er will den Weg des geläuterten Sünders
       gehen – und das tut er mit Siebenmeilenstiefeln. Er lädt Flüchtlinge zum
       Essen ein, spendet via Radio 10.000 Euro an Bedürftige.
       
       Es ist das Comeback des guten Charity-Onkels mit dem rot-weißen Schal –
       eine Hollywood-Geschichte von Schuld und Sühne, von Abbitte und Ablass. Wer
       will, kann sich davon tief berühren lassen.
       
       Hoeneß, das ist klar, erscheint als Antipode zum Technokraten. So einen wie
       Hoeneß kann der FC Bayern gebrauchen, denn der deutsche Branchenführer in
       Sachen Fußball braucht begnadete Dribbler, er braucht einen Trainer, über
       den sich die Sportjournalisten den Kopf heißreden – er braucht aber auch
       ein, zwei Leute in der Vereinsführung, die nicht aus dem Setzkasten des
       Muster-BWLers stammen. Das nennt man dann cleveres Vereinsmarketing. Warum
       man das zum Beispiel bei Red Bull Leipzig, dem deutschen Technokratenverein
       schlechthin, noch nicht begriffen hat, ist ein großes Rätsel.
       
       22 Jan 2016
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Markus Völker
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Fußball
 (DIR) Fußball-Bundesliga
 (DIR) Uli Hoeneß
 (DIR) Thomas Müller
 (DIR) Fußball
 (DIR) Uli Hoeneß
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Kolumne Press-Schlag: Müllers zur Seite fallende Kuh
       
       Wenn Thomas Müllers zweites Tor gegen Darmstadt unbezahlbar war, warum
       sollte CR7 dann nicht eine Million Euro für Werbung bekommen?
       
 (DIR) Kolumne Über Ball und die Welt: Vorschnelles Lob
       
       Fußball gilt als vorbildliches Integrationsfeld für Geflüchtete. Doch die
       Konkurrenz ist groß und nur die wenigsten haben Glück.
       
 (DIR) Verurteilter Steuersünder: Uli Hoeneß kommt vorzeitig raus
       
       Wegen Steuerhinterziehung in Millionenhöhe war Uli Hoeneß zu 42 Monaten
       Haft verurteilt worden. Nach 21 kann er das Gefängnis als freier Mann
       verlassen.
       
 (DIR) Kolumne Press-Schlag: Solidarität mit den Bayern!
       
       Hoeneß, Beckenbauer, Winterkorn. Beim FC Bayern wird niemand so schnell
       fallengelassen. Ein Musterbeispiel gelebter Solidargemeinschaft.