# taz.de -- Kolumne Später: Zahnärzte, Zen und später Sex
       
       > Wie verabschiedet man eine Alterskolumne? Mit einem munteren Aus- und
       > Rückblick. Und mit einer Versöhnung am Ende.
       
 (IMG) Bild: Man muss nicht, aber man kann später so cool werden wie Vanessa Redgrave, Schauspielerin
       
       Im Alter von 90 Jahren könnte es noch mal losgehen. Mit meinem Blog über
       das Altsein. The real thing. Psychedelische Texte aus der Welt der
       Hochaltrigen. So wie die bewunderte Autorin Ilse Helbich, 92, in ihren
       Büchern, zuletzt in „Schmelzungen“: „Ich lasse mich immer öfter
       zurückfallen in eine andere Dimension, in der die plane Lebensfläche sich
       verwandelt in einen himmelhohen Traum, hier ist eine andere Luft.“
       
       Die andere Luft wird da sein in 30 Jahren, und dann tauschen wir, werte
       LeserInnen der heutigen Generation 55 plus, uns aus über die Frage, welche
       Altersdroge die beste ist. Antidepressive, Antidemenzielle oder einfach nur
       der gute alte Rotwein oder vielleicht Morphium, das Ärzte zum Glück
       zunehmend bereitwillig verabreichen?
       
       Im Blog können wir uns auch darüber unterhalten, ob man in
       Patientenverfügungen die Musik festlegen sollte, die auf dem Sterbebett
       gespielt wird. Bowie, Bach oder buddhistische Mantragesänge? Mein alter
       Freund S. hat mir das Versprechen abgenommen, auf seinem Sterbebett nur die
       Operetten von Paul Lincke zu spielen. Das wird Überwindung kosten.
       
       Der Ausblick in die Zukunft ist angebracht, denn diese taz-Kolumnenserie
       über das Älterwerden, die „Später“ und davor „Gerüchte“ hieß, diese Serie
       endet hiermit nach vielen Jahren. So wurde es beschlossen, nicht von der
       Autorin selbst übrigens.
       
       ## Eine Alterskolumne ist immer körperlich
       
       Rückblickend muss man sagen: Es hat Spaß gemacht, auch wegen der
       Leserkommentare. Eine Alterskolumne ist körperlich. Ein Thema so Mitte der
       40er Jahre war der Umgang mit der Verdickung in der Körpermitte. Ich hatte
       meiner Fettrolle einen Namen gegeben, „Felicitas“, genannt „Feli“. Feli ist
       immer dabei, liebt Oreo-Kekse, ist weich und warm, und mit ihr ist man
       nicht mehr allein. Auch LeserInnen fingen an, mit ihrem Bauchtier zu
       sprechen.
       
       Dann die Frage: „Wie wichtig ist Sex?“ Da kreuzte man abwechselnd an: „Sehr
       wichtig“, „wichtig“, „weniger wichtig“ „nicht wichtig“. Man darf die Frage
       immer wieder anders beantworten, vor und zurück. Sex ist immer wichtig,
       auch wenn er nicht mehr wichtig ist. Und umgekehrt natürlich. Das ist
       Alters-Zen.
       
       ## Durch dieselbe Nacht
       
       Es gab Themen, deren Bedeutung mir erst durch die Rückfragen bewusst wurde.
       Die Lobeshymne auf meine neue High-Tech-Zahnärztin mit ihrem tollen
       Operationsmikroskop, bei der jede, ich betone: wirklich jede!
       Zahnwurzelbehandlung gelang, stieß auf unerwartet starke Resonanz.
       Zahnwurzelbetroffene wollten Name, Adresse und Sprechzeiten der Dame
       wissen.
       
       Gender, Sex und Gerechtigkeit, daraus erwächst die ewige Frage: Haben es
       Männer leichter als Frauen? Zu Beginn war ich voller Beschwerde über die
       Ungerechtigkeiten. Heute nicht mehr. Okay, „Parship“ ist auch für alte
       Männer noch ein Surferparadies. Aber sonst: Depressionen, Herzkasper, Knie,
       Bedeutungsverlust, miese Altersvorsorge – denen geht es nicht besser.
       Frauen haben immerhin noch ihren Friseur. Am Ende also Versöhnung. Wir
       schwimmen im selben Ozean, durch dieselbe Nacht. Gate gate paragate. Danke
       und ein herzliches Tschüss.
       
       1 Feb 2016
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Barbara Dribbusch
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Altern
 (DIR) Schönheitsnormen
 (DIR) Glück
 (DIR) Liebe
 (DIR) Altern
 (DIR) Freundschaft
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Die Vorteile des Alterns: Plötzlich sind die Falten wurscht
       
       Wenn man die eigene Endlichkeit spürt, lassen einen viele äußere Zwänge
       kalt. Einfach nur leben ist auch genug und kann ganz schön sein.
       
 (DIR) Stadtplaner Mario Bloem über Glück: „??? im Gesicht“
       
       Wie in Bhutan will Stadtplaner Mario Bloem die Bewohner der Stadt fragen,
       wie zufrieden sie sind, ob sie gut schlafen oder Streit mit Nachbarn haben.
       
 (DIR) Kolumne Später: Wider das Prostitutionsschema
       
       Mein alter Kumpel Wolf hat eine neue junge Flamme. Hab ich noch Lust auf
       ein Treffen? Oder ist hier Schluss mit der Solidarität?
       
 (DIR) Kolumne Später: Falten für Iris Berben
       
       Auch Frauen haben das Menschenrecht, alt zu werden. Mit Wangen, die
       entspannt durchhängen. Und zwar wann immer sie wollen.
       
 (DIR) Kolumne Später: Die Angehörigen, das sind wir
       
       Bine hat Krebs. Und keine Familie. Wir FreundInnen lernen jetzt, wie man
       damit umgeht. Zuhören und bloß keine Ratschläge geben.