# taz.de -- Fußball in Vietnam: Kickende Opposition
       
       > „No-U FC“ ist nicht nur ein Fußballklub. Er ist auch eine
       > regierungskritische Bewegung, wie es sie in Vietnam beinahe nur im Sport
       > geben kann.
       
 (IMG) Bild: Tor!
       
       „No-U FC“ heißt ein Verein, der in der vietnamesischen Hauptstadt Hanoi
       ansässig ist. Auf seiner Facebookseite finden sich ziemlich viele Bilder,
       auf denen man sieht, wie junge Leute den Ball führen und in Zweikämpfe
       gehen. Fußball also, aber in einer Liga kickt No-U nicht. Das hat mit dem
       zu tun, was in den Informationen, die das Berliner Auswärtige Amt zu
       Vietnam verteilt, recht kurz formuliert wird: „Regierungspartei:
       Kommunistische Partei Vietnams (circa 2,8 Millionen Mitglieder),
       Opposition: keine“.
       
       Da könnte aber auch stehen: „Opposition: No-U FC (mehrere hundert
       Mitglieder landesweit)“. Denn dieser Fußballklub ist eine
       regierungskritische Bewegung, wie es sie unter den politischen Bedingungen,
       wie sie in Vietnam herrschen, beinahe nur im Sport geben kann. „Nach dem
       Gesetz hat jeder das Recht, Fußball zu spielen“, hat einer der Spieler,
       Nguyen Chi Tuyen, jüngst der Washington Post erklärt, „so haben wir also
       eine Möglichkeit gefunden, wie wir zusammenkommen können.“ Und Nguyen Van
       Dung, der Torwart, sagt: „Stark werden wir durch die sozialen Medien.“
       
       Als sich die Aktivisten vor einigen Jahren zunächst in Cafés treffen
       wollten, wurde das von der Polizei verhindert. Man traf sich also zum
       Fußball. Mit 30 Spielern ging es im Jahr 2011 los. Zunächst auch wie ein
       richtiger vietnamesischer Fußballverein: einmal beispielsweise gegen eine
       Betriebsmannschaft von PetroVietnam, ein staatliches Ölunternehmen. Doch
       schon bei diesem Spiel ging der Ärger los, die Polizei übte Druck auf Petro
       aus, nicht anzutreten. Neulich hatte sich der Klub zu einem Turnier
       angemeldet, doch dann wurde gleich die ganze Veranstaltung abgesagt.
       
       „No-U FC“ ist eine englische Akürzung: Mit „U“ ist die Form der sogenannten
       „Neunstrichelinie“ gemeint, mit der die Volksrepublik China auf der
       Landkarte markiert hat, welche Inseln des Südchinesischen Meers sie für
       sich reklamiert – und Vietnam streitig macht. Mit „FC“ ist entweder
       Football Club gemeint oder aber auch „Fuck China“. Die Kritik von No-U FC
       und anderen in der stark gewordenen Bürgerrechtsbewegung lautet, die
       Regierung reagiere zu entgegenkommend auf eine chinesische Aggression; man
       müsste aus dem Konflikt den Schluss ziehen, sich von dem mächtigen Nachbarn
       zu lösen.
       
       ## Historische Vorbilder
       
       No-U hat im Sport historische Vorbilder. Man denke etwa an etliche
       Arbeitersportvereine, die sich im 19. Jahrhundert in Europa, vor allem in
       Deutschland, gegründet hatten: Nach Bismarcks Sozialistengesetzen mussten
       viele Sozialdemokraten sich andere Organisationsformen suchen. Sie nutzten
       die verbreitete bürgerliche Überzeugung, Sport habe mit Politik nichts zu
       tun, um sich vor dem Zugriff des Staats zu schützen – wobei ihr Sport, den
       sie betrieben, ein politischer Sport war.
       
       Was No-U FC macht, ist etwas ganz anderes: Es dürfte neu sein, dass eine
       Gruppe ausgerechnet das durch die Verfassung verbriefte Recht auf Sport,
       also etwas, das als Errungenschaft gilt, nutzt, um sich oppositionell zu
       betätigen. Dass das möglich ist, beweist etwas anderes: Es zeigt, dass das
       vermeintlich sozialistische Recht auf Sport von den herrschenden Eliten
       derart entleert wurde, dass nur noch die juristische Hülle übrig ist.
       
       „Man muss diese versteinerten Verhältnisse dadurch zum Tanzen zwingen, dass
       man ihnen ihre eigene Melodie vorsingt“, hat ein anderer Freund
       revolutionärer Praxis einmal formuliert. Und das scheint No-U FC auf sehr
       sportliche Weise zu tun.
       
       16 Jan 2016
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Martin Krauss
       
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