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       > Fashion Week „Man soll gut aussehen beim Tanzen“ – so lautet William Fans
       > Credo. Der Modedesigner, der seinen Abschluss an der Hochschule Weißensee
       > gemacht hat, zeigt schon zum zweiten Mal seine Kollektionen
       
 (IMG) Bild: Trägt seine Klamotten auch selbst: Modedesigner William Fan
       
       von Mareike-Vic Schreiber
       
       William Fans Augen leuchten, als sein Blick durch sein kleines Studio in
       der Großen Hamburger Straße in Mitte gleitet. Es ist nicht viel Platz hier,
       doch es gibt einen provisorischen Laufsteg: ein Teppich mit einem Spiegel
       am Ende, daneben viele volle Kleiderständer und ein Tisch, auf dem
       handgemachte Messingaccessoires und goldglänzende Taschen ausgebreitet
       sind, die an eine Discokugel erinnern. Vorsichtig berührt er die
       verschiedenen Materialien seiner Entwürfe auf den goldenen Kleiderbügeln.
       „Es ist auf einmal alles so echt geworden, so physikalisch“, sagt Fan.
       
       Und er erinnert sich daran, wie er vor genau einem Jahr zum ersten Mal mit
       seinem Label auf dem großen Laufsteg der Berlin Fashion Week stand. Fan
       hatte gerade seinen Abschluss an der Kunsthochschule Weißensee gemacht. Als
       er sich mit seiner Masterkollektion bei einer der großen Modeschauen
       bewirbt, rechnet er nicht damit, überhaupt eine Antwort zu erhalten. Doch
       zwei Tage später klingelt das Telefon. Das Urteil der Modeexperten:
       „runwaytauglich“. Wenig später präsentiert der Jungdesigner seine erste
       Kollektion vor großen Publikum.
       
       William Fan, 1987 in Hannover geboren, ist in einer kreativen Familie
       aufgewachsen. Seine Eltern, die Anfang der 60er Jahre nach Deutschland
       gekommen sind, stammen aus Hongkong. „Meine Mutter war sehr musisch“,
       erzählt Fan, „in unserer Familie galt es als selbstverständlich,
       irgendetwas mit den Händen zu machen.“ Seine Mutter war es auch, die ihm
       das Nähen beibrachte. „Dass ich meine Sachen selbst nähen kann und nicht
       kaufen muss, hat mich fasziniert.“ Für Fan ist die Mode ein
       Ausdrucksmedium. Einen beruflichen Plan B hatte er nie.
       
       Nach dem Abitur und dem Zivildienst zieht es Fan ins Ausland. Vier Jahre
       lang studiert er an der renommierten Kunsthochschule Artez im holländischen
       Arnheim Modedesign. Nach dem Bachelor folgen Stationen beim britischen
       Modehaus Alexander McQueen in London und bei seiner Schwester in Hamburg,
       die heute ein eigenes Label für Ledertaschen betreibt.
       
       ## Schon die dritte Kollektion
       
       2014 kommt William Fan nach Berlin, um an der Kunsthochschule Weißensee
       sein Modedesign-Studium fortzusetzen. „Ich habe so viel Zeit und Arbeit in
       meine Masterkollektion investiert“, erzählt er, „es wäre schade gewesen,
       sie nicht schöner und besser präsentieren zu können.“ Auch ein Jahr nach
       seinem Karrierestart ist er wieder bei der Fashion Week dabei, die seit
       Anfang dieser Woche läuft: Am Donnerstagabend präsentiert er seine
       inzwischen dritte Kollektion im Kronprinzenpalais Unter den Linden.
       
       Berlin ist für den Weißensee-Meisterschüler der perfekte Ort, um Mode zu
       entwerfen – auch weil die Stadt junge Talente fördert. „Es fühlt sich
       irgendwie richtig an, hier zu sein“, sagt Fan – „dort, wo man sich
       wohlfühlt, ist man am kreativsten.“ Die Stadt ist für ihn zu einer neuen
       Heimat geworden, genauso wie Hongkong, die Herkunftsstadt seiner Eltern.
       Zwei- oder dreimal im Jahr reist er nach China und kauft Materialien für
       seine Entwürfe ein.
       
       Schon in seinen ersten beiden Kollektionen spielte das Thema Heimat eine
       wichtige Rolle. Sein Debüt „Welcome home“ ist eine Hommage an das digitale
       Zeitalter, sie fragt nach dem Zuhause in Zeiten des Internet, der
       Schnelligkeit und Mobilität. Die Nachfolgekollektion „Jade Garden“ – eine
       Auseinandersetzung mit Hongkong – benennt er nach dem chinesischen
       Restaurant seiner Eltern. Sie ist ein Dialog zwischen asiatischen und
       europäischen Kontrasten.
       
       Die chinesischen Wurzeln des Jungdesigners spiegeln sich auch in seinen
       jüngsten Entwürfen wider. „Typisch sind die Madarinkragen“, erklärt Fan.
       Seine Kleidung ist alltagstauglich, schlicht, uniformiert. „Der
       Grundgedanke meiner Kollektionen ist die Garderobe“, erklärt Fan, „da denke
       ich teilweise auch sehr praktisch: Welches Teil fehlt mir noch?“ Seine
       größte Inspirationsquellen? „Bruce Lee und Studio 54“, erklärt William Fan.
       
       Der Kontrast zwischen Day- und Nightware ist das Leitmotiv seiner aktuellen
       Kollektion. Sie ist lauter, exzentrischer als ihre Vorgängerinnen – und ein
       bisschen nackt. Viele der Blusen sind vorn geschlossen, der Fokus liegt auf
       dem Rücken. „Ich liebe diesen Überraschungsmoment, wenn sich das Model auf
       dem Laufsteg umdreht“, sagt der Modemacher und zeigt den großzügig
       ausgeschnittenen Rücken eines Oberteils.
       
       Der Designer spielt mit Bewegung, Schwung und Volumen. Fransen, weit
       geschnittene Ärmel und Beine, versteckte Taschen oder kleine Schlitze im
       Nacken, durch die sich ein langer Pferdeschwanz schmiegen soll, machen
       seine Entwürfe dynamisch. Fans Lieblingsfarbe – ein schlichtes Dunkelblau –
       wird durch goldene Akzente und glitzernde Pailletten partytauglich.
       
       „Meine Kleidung soll so viel Entertainment bieten, dass man selbst Lust hat
       auszugehen“, sagt Fan und streicht die schwarzen Pailletten einer Bluse
       sanft in die andere Richtung, sodass sich die Struktur des Kleidungsstücks
       ändert. „Man soll gut aussehen beim Tanzen.“
       
       ## Unisex, alterslos, funktional
       
       In William Fans Atelier sucht man vergebens nach einer Frauen- oder
       Männerkollektion, alle Entwürfe sind unisex, alterslos, funktional. „Schon
       als Teenager habe ich immer in beiden Abteilungen eingekauft“, erzählt Fan.
       Mit seiner Mode möchte er seinen KundInnen entgegenkommen. „Wenn jemand
       hohe Schuhe in Größe 44 braucht, dann mache ich die“, erklärt Fan. Der
       Designer gestaltet seine Stücke neutral und weit: „Eben nicht sehr body
       conscious.“
       
       Für seine Show am Donnerstagabend suchte Fan deshalb androgyne Typen.
       „In-between-Leute“ nennt er die Mädchen, die ein bisschen härter, und die
       Jungs, die ein bisschen weicher sind. Klassische Schönheiten sollen es sein
       und gleichzeitig Gesichter, die man erst beim zweiten Hingucken spannend
       findet, wenn man sie auf der Straße sieht. „Meine Models brauchen einen
       modernen Look mit Ecken und Kanten“, sagt Fan, „sie dürfen nicht zu glatt
       sein und die Jungs nicht zu muskulös.“
       
       Rund 40 weibliche und männliche Models hat er am vergangenen Samstag in
       sein Atelier zu einem Casting eingeladen. Etwa fünfzehn Mädchen und vier
       Jungs werden seine Mode dann über den Laufsteg im Kronprinzenpalais
       ausführen. „Routine ist nach einem Jahr noch nicht drin“, sagt Fan, „aber
       ich habe die Vision, mich am Donnerstagabend stolz und sicher zu
       präsentieren – und mit meinen Entwürfen vielleicht irgendwann auch im
       asiatischen Raum erfolgreich zu sein.“
       
       Schwerpunkt
       
       19 Jan 2016
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Mareike-Vic Schreiber
       
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