# taz.de -- Reaktionen auf Wahlen in Saudi-Arabien: Ein Fortschritt für die Frauen
       
       > 20 Kandidatinnen sorgen bei der Kommunalwahl im religiös-konservativen
       > Königreich für eine Überraschung und ziehen in die Bezirksräte ein.
       
 (IMG) Bild: Haben erstmals in ihrem Leben gewählt: Saudi-Araberinnen nach der Stimmabgabe am Samstag in Riad.
       
       „Das ist die Mutter aller Überraschungen“, schreibt die saudische
       Tageszeitung Al-Sharq Al-Ausat.Zwanzig Frauen haben es geschafft, sich bei
       der Kommunalwahl am Wochenende durchzusetzen.
       
       Tatsächlich hatte kaum jemand damit gerechnet, dass es bei dem Wahlgang, an
       dem erstmals Frauen als Kandidatinnen und Wählerinnen teilnehmen durften,
       einige von ihnen in die Bezirksräte des islamisch-konservativen
       Wüstenlandes schaffen würden. Das galt umso mehr, als auf den Wählerlisten
       zehnmal mehr Männer registriert waren. Denn die meisten Frauen besitzen
       keinen Personalausweis, der Voraussetzung für die Wahl ist.
       
       „Das ist nicht nur eine Errungenschaft für die Wählerinnen. Auch viele
       Männer haben Frauen gewählt“, analysiert Al-Sharq Al-Ausat.Die
       Wahlbeteiligung lag bei 47 Prozent.
       
       Nicht nur in der weltoffeneren Stadt Dschiddah, wo zwei Frauen in den
       20-köpfigen Bezirksrat gewählt wurden, auch in sehr konservativen
       Landesteilen trugen einige Frauen den Sieg davon. Als erstes wurde der
       Wahlerfolg von Salma bint Hizab al-Oteibi verkündet, in einem kleinen Ort
       in der Provinz Mekka. Auch in Riad werden Frauen in den Bezirksrat
       einziehen, ebenso in Tabuk, Qassim, Medina, Al-Jouf und in der östlichen
       Provinz, in der die Schiiten die Mehrheit stellen.
       
       ## Kinder, Müllabfuhr und Schlaglöcher
       
       „Selbst wenn nur eine einzige Frau gewonnen hätte, wären wir stolz. Ehrlich
       gesagt, hatten wir gedacht, keine einzige wird es schaffen“, wird Sahar
       Hassan Nasief, die in Dschiddah die Frauenwahlkämpfe koordiniert hat, in
       der Presse zitiert. Stolz verweist Al-Sharq Al-Ausatdarauf, dass es bei der
       ersten Kommunalwahl im liberaleren Kuwait keine Frau geschafft hatte.
       
       „Ich werde vor allem den Forderungen der Frauen in demBezirksrat eine
       Stimme geben”, kündigte Khadra Al-Mubarak eine der Gewinnerinnen in Qatif,
       an. „Ich kann es kaum erwarten, dass saudische Frauen sich in den
       Bezirksräten für ihre eigene Gesellschaft und vor den Augen der Welt
       beweisen“, meint Nouf Al-Rakan, Vorsitzende des Geschäftsfrauen-Komitees
       der Handelskammer in Riad.
       
       Hanuf al-Hazmi, die in Al-Jouf gewählt wurde, will sich Dingen widmen, die
       Frauen betreffen, wie „Kinderbetreuung, Jugendzentren, der Müllabfuhr“ und
       kurioserweise „dem Zustand der Straßen“ – in einem Land, in dem Frauen kein
       Auto steuern dürfen, aber den Straßenzustand auch als Beifahrerin spüren.
       
       ## „Beginn von größeren Veränderungen“
       
       Da die Bezirksräte nur über Kommunales bestimmen können, waren die großen
       politischen Themen wie Demokratie, Menschenrechte und Scharia-Strafen im
       Wahlkampf ausgeklammert. Wichtige politische Entscheidungen bleiben dem
       Königshaus vorbehalten, denn außer Kommunalwahlen gibt es keine
       demokratischen Abstimmungen in Saudi-Arabien.
       
       Trotzdem wird das Wahlexperiment von vielen saudischen Frauenrechtlerinnen
       als großer Fortschritt angesehen. „Es hat gezeigt, dass die saudische
       Gesellschaft nicht nur die Teilnahme von Frauen an öffentlichen Ämtern
       akzeptiert, sondern diese auch unterstützt“, schreibt die saudische Autorin
       Maha Akeel.
       
       „Das“, hofft sie, „könnte den Beginn von mehr und größeren Veränderungen
       darstellen“. Der Journalist Abdel Rahman Al-Rashed fasst die Entwicklung so
       zusammen: „Frauen waren früher nur eine Zusatzzeile im Personalausweis
       ihres Vaters oder Ehemannes, jetzt hat die saudische Frau ihre eigenen
       Identität bekommen.“
       
       14 Dec 2015
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Karim El-Gawhary
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Saudi-Arabien
 (DIR) Gleichstellung
 (DIR) Frauenrechte
 (DIR) Saudi-Arabien
 (DIR) Saudi-Arabien
 (DIR) Saudi-Arabien
 (DIR) Raif Badawi
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Romantische Komödie aus Saudi-Arabien: Sünden bezahlen per App
       
       Dezente Gesellschaftskritik: Der saudi-arabische Spielfilm „Barakah Meets
       Barakah“ zeigt die Hürden, die junge Paare im Königreich nehmen müssen.
       
 (DIR) Verurteilungen wegen Terrorismus: Saudi-Arabien richtet 47 hin
       
       Wegen Terrorismus und Anstiftung zu Gewalt wurden in Saudi-Arabien 47
       Verurteilte exekutiert. Darunter ein prominenter Aktivist der schiitischen
       Minderheit.
       
 (DIR) Kommunalwahlen in Saudi-Arabien: Frauen gewinnen erstmals Sitze
       
       In Dschidda und Mekka werden zukünftig nicht nur Männer im Lokalparlament
       sitzen. Laut dem offiziellen Ergebnis wurden 17 Frauen in die Gremien
       gewählt.
       
 (DIR) Kommentar Wahl in Saudi-Arabien: Wandel ja, Demokratie nein
       
       Nach der Einführung des Frauenwahlrechts kann sich das Königreich als
       zukunftsorientiert darstellen. Autoritär bleibt es trotzdem.
       
 (DIR) Inhaftierter saudischer Blogger: Badawi im Hungerstreik
       
       Die Ehefrau des zu 10 Jahren Haft verurteilten Badawi berichtet vom
       Hungerstreik. Außerdem soll ihr Mann in ein anderes Gefängnis verlegt
       worden sein.