# taz.de -- Kampf gegen Rebellen in Syrien: Ein Tod mit politischen Folgen
       
       > Oppositionelle sehen den Angriff auf den Chef der „Armee des Islam“ als
       > Torpedierung der Verhandlungen. Sie sprechen von einem
       > „Vernichtungskrieg“.
       
 (IMG) Bild: Rebellenchef Sahran Allush bei einer Konferenz nahe Damaskus im Jahr 2014
       
       Berlin taz | Der Tod eines einflussreichen Rebellenführers bei Damaskus
       wirft Fragen auf und legt zugleich einen Schatten über die
       Syrien-Gespräche, die am 25. Januar in Genf fortgesetzt werden sollen. Das
       hatte der UN-Sonderbeauftragte Staffan de Mistura am Samstag bekannt
       gegeben.
       
       Sahran Allush, Chef der Miliz Armee des Islam, wurde am vergangenen Freitag
       bei einem Bombenangriff auf sein Hauptquartier in der Ghouta getötet, einer
       Region östlich der Hauptstadt. Zum Zeitpunkt des Bombardements soll sich
       Allush mit Vertretern anderer Rebellengruppen getroffen haben.
       
       Die Zahl der Opfer ist nicht bekannt; über die Urheberschaft des Angriffs
       gibt es unterschiedliche Angaben. Im staatlichen syrischen Fernsehen
       erklärte die Armeeführung, sie habe die „Spezialoperation“ durchgeführt.
       Oppositionelle in Damaskus machen hingegen gegenüber der New York Times
       russische Kampfflugzeuge für den Angriff verantwortlich. Andere
       Oppositionelle teilen dies oder schließen diese Möglichkeit nicht aus.
       
       Die Armee des Islam ist eine sunnitische radikal-islamistische Miliz, die
       Ghouta seit 2013 kontrolliert. Sie kämpft sowohl gegen das Assad-Regime als
       auch gegen den „Islamischen Staat“ (IS), den sie als „Handlanger der
       syrischen und iranischen Geheimdienste“ bezeichnen. Sie soll von
       Saudi-Arabien finanziell unterstützt werden; Allushs Vater, ein syrischer
       salafistischer Scheich, lebt in dem erzkonservativen Königreich.
       
       Allush war einer jener radikalen Islamisten, die in syrischen Gefängnissen
       einsaßen und seit Beginn des Aufstandes 2011 sukzessive freigelassen
       wurden. Schiiten, Angehörige anderer Konfessionen, einschließlich der
       Zoroastrier („Teufelsanbeter“), einer religiösen Minderheit im Iran,
       gehören zu den erklärten Gegnern der Armee des Islam; ihr Ziel ist die
       Errichtung eines islamischen Staates in Syrien. Oppositionelle werfen der
       Gruppierung unter anderem die Entführung von Aktivisten vor, die der Miliz
       kritisch gegenüber stehen. Menschenrechtsorganisationen berichteten Anfang
       November, die Gruppe habe Gefangene in Käfige gesteckt.
       
       ## Politische Bemühungen gefährdet
       
       Nach dem Tod Allushs ernannte die Armee des Islam Abu Hammam al-Bujdani zu
       dessen Nachfolger. „Lasst uns vereint sein und die Kräfte bündeln“, sagte
       er am Sonntag in einer Videobotschaft.
       
       Dies wirft die Frage auf, ob die Armee des Islam angesichts der von der UNO
       vermittelten Bemühungen für einen Waffenstillstand und einen politischen
       Prozess in Syrien künftig verstärkt auf dem politischen Terrain agieren
       wird. So hat Allush am 9. und 10. Dezember als einer von 15 Vertretern
       bewaffneter Gruppen an einer syrischen Oppositionskonferenz in der
       saudischen Hauptstadt Riad teilgenommen, deren Ziel eine Vereinheitlichung
       der Opposition im Hinblick auf Friedensverhandlungen war. Aber die Armee
       des Islam steht nach Angaben der britischen BBC auf der russischen Liste
       jener Organisationen, die als „terroristisch“ eingestuft werden und daher
       nicht an künftigen Verhandlungen teilnehmen können.
       
       Vor diesem Hintergrund werteten oppositionelle Organisationen den Angriff
       auf Allush als Gefährdung der Bemühungen um eine politische Lösung. Das
       Oppositionsbündnis Syrische Nationale Koalition (SNC) mit Sitz in Istanbul
       sprach in einer Stellungnahme von einem „erheblichen Rückschlag“ vor den
       Genfer Verhandlungen. Anas al-Abdah, ein führendes Mitglied der vom Westen
       unterstützten SNC, sagte, der Tod Allushs sei „ein Hohn für alle Gespräche
       über eine politische Lösung“ und unterminiere „Verhandlungen, ehe sie
       beginnen“.
       
       Mehrere Oppositionsgruppen warfen der Regierung in Damaskus und ihren
       Verbündeten den Versuch vor, im Vorfeld der Verhandlungen missliebige
       Gruppen zu eliminieren. „Die Rebellengruppen sollten realisieren, dass sie
       einem Vernichtungskrieg durch Putins Regime ausgesetzt sind“, kommentierte
       etwa Labib Nahhas, ein führendes Mitglied der einflussreichen
       islamistischen Miliz Ahrar al-Sham. Die Aufgabe von Staffan de Mistura wird
       nicht eben leichter.
       
       28 Dec 2015
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Beate Seel
       
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