# taz.de -- Bloß nicht gleich ausziehen
> Milieuschutz Verdrängung ist in Friedrichshain-Kreuzberg allgegenwärtig.
> Jetzt informiert das Bezirksamt Mieter über ihre Rechte
Mehr als 20 Jahre sind vergangen, seit das damalige Bezirksamt Kreuzberg
die Bereiche Graefestraße und Luisenstadt im Mai 1995 zu
„Milieuschutzgebieten“ erklärt hat. Auch in dem Bereich Boxhagener Platz im
damaligen Nachbarbezirk Friedrichshain soll seit 1999 eine
Erhaltungsverordnung Luxusmodernisierungen und Umwandlungen von Miet- in
Eigentumswohnungen verhindern. Der Bereich Bergmannstraße Nord steht seit
2003 unter Milieuschutz, der Chamissoplatz seit 2005. Doch erst jetzt will
das Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg bei den MieterInnen mit kostenlosen
Rechtsberatungen für Durchblick im Mietrecht-Dschungel sorgen.
Man habe bereits lange auf das Angebot hin gearbeitet, erklärte Sascha
Langenbach, bis vor wenigen Tagen noch Sprecher des Bezirks, der taz. Grund
dafür, dass die Mieterberatung in den fünf sozialen Erhaltungsgebieten erst
jetzt in Auftrag gegeben wurde, sei der steigende Druck auf dem Berliner
Wohnungsmarkt in jüngster Zeit.
„Im juristischen Bereich gibt es viele Möglichkeiten, mit denen Mieter
nicht immer umzugehen wissen“, erklärte Langenbach. Vor allem Laien seien
oft nicht in der Lage, bauliche Maßnahmen richtig zu bewerten. „Es gibt
Menschen, die spielen mit offenen Karten, andere dagegen nicht.“ Auch die
Wohnungsverwaltungen könnten nicht immer mieterschutzrechtlich agieren.
„Insbesondere bei drohender Umwandlung von Mietwohnungen oder luxuriös
geplanten Sanierungsmaßnahmen brauchen Mieter und Mieterinnen eine
kompetente Rechtsberatung“, betont Stadtrat Hans Panhoff (Grüne).
In den betroffenen Wohngebieten sollen Flyer auf die Beratungsstellen
aufmerksam machen. Darin werden MieterInnen davor gewarnt,
Modernisierungsplänen vorschnell zuzustimmen oder gar auszuziehen.
Stattdessen wird BewohnerInnen empfohlen, sich vorher über ihre Rechte zu
informieren. „Denn nur ausgewiesene Experten können tatsächlich beurteilen,
ob die Eingriffe den Bürgerinnen und Bürgern zugemutet werden können oder
ob sie gegen geltendes Recht verstoßen“, sagt Panhoff.
Auch wenn eine amtliche Genehmigung vorliege, bedeute das nicht, dass
MieterInnen angekündigte Maßnahmen uneingeschränkt hinnehmen müssen, heißt
es in dem Flyer. Mieterhöhungen könnten vor allem dann begrenzt werden,
wenn die geplante Modernisierung für die betroffene Familie eine Härte
bedeutet.
## Keine weiteren Klos
Nicht zulässig sind nach dem Erhaltungsrecht aufwändige Sanierungen, etwa
Grundrissänderungen, das Zusammenlegen oder Teilen von Wohnungen, der Anbau
von Balkonen oder der Einbau eines zweiten WC. Modernisierungen, die den
„zeitgemäßen Ausstattungszustand einer durchschnittlichen Wohnung
herstellen“, müssen dagegen genehmigt werden. Dazu gehören der Ersteinbau
einer Zentralheizung, der Ersteinbau eines Bades, die Erneuerung
bestehender Fenster oder die Grundausstattung mit Sanitär-, Wasser- und
Elektroinstallationen. Die dadurch entstehenden Mieterhöhungen müssen die
BewohnerInnen laut Bezirksamt in den meisten Fällen selbst tragen.
Was in durchgentrifizierten Bereichen wie der Graefestraße oder dem
Chamissoplatz noch erhalten werden soll, bleibt indes fraglich. „Es ist ja
nicht so, dass dort nur reiche Leute wohnen“, entgegnet Langenbach. Dem
Bezirksamt gehe es vor allem um den „Bestandsschutz der Verbliebenen“.
Mareike-Vic Schreiber
Weitere Infos unter http://bit.ly/1IPySrQ
8 Dec 2015
## AUTOREN
(DIR) Mareike-Vic Schreiber
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