# taz.de -- Singen gegen rechts
       
       > Chor-Flashmob Sängerinnen und Sänger erhoben am Wochenende ihre Stimmen
       > gegen Rassismus
       
       Vor dem bis zur Decke ragenden und prunkvoll geschmückten Weihnachtsbaum
       wirkt sie unscheinbar. Dennoch: An der Bühne auf der Mittelebene des
       Hauptbahnhofs hat sich bereits eine kleine Menschentraube versammelt. Die
       mit glänzenden Kugeln dekorierte Tanne und das leichte Schneetreiben bilden
       die perfekte Kulisse für die MusikerInnen, die sich am Samstag versammelt
       haben, um bei einem Chor-Flashmob ein Zeichen gegen Rassismus zu setzen.
       
       „Wir können beweisen, welche Macht die Sprache der Musik hat“, sagt die
       deutsch-iranische Schauspielerin und Sängerin Jasmin Tabatabai, die durch
       das Programm führt. „Miteinander stehen, gemeinsam singen“ – so lautet das
       Motto, unter dem der Begegnungschor, der Straßenchor, die syrische Band
       Rasif und der belgische Mädchenchor Scala zu mehr Menschlichkeit aufrufen.
       
       Neben Songs wie Michael Jacksons „We are the world“ oder dem deutschen
       Volkslied „Der Mond ist aufgegangen“ performt der Begegnungschor auch John
       Lennons „Merry Christmas“ und versetzt die kühle Bahnhofshalle in
       gemütliche Adventsstimmung. Das Lied nimmt der Chor auch zum Anlass, um auf
       die derzeitige Situation der Flüchtlinge aufmerksam zu machen. Chorleiter
       Michael Betzner-Brandt betont immer wieder die Zeile „War is over, if you
       want“.
       
       „Das Prinzip unseres Chors ist, dass Menschen, die unterschiedlich lang in
       Berlin leben, zusammenkommen und sich austauschen“, sagt Betzner-Brandt.
       Dazu gehörten auch die vielen Neuankömmlinge der Stadt. Die Sprachbarriere
       sei kein Problem. „Man muss nicht immer reden“, findet der Chorleiter. Für
       ihn ist Musik eine Weltsprache, die jeder versteht – jenseits
       unterschiedlicher Sprachen und Gesten. Auch die Obdachlosen des
       Straßenchors zeigten mit Hits wie „Wunder geschehen“ oder „Halleluja“ ihre
       Solidarität mit Flüchtlingen. „Selbst die Ärmsten in unserem Chor sagen:
       Nazis, haltet die Klappe“, erzählt Leiter Stefan Schmidt.
       
       Zwischen den Auftritten kritisiert Petra Merkel, Präsidentin des Berliner
       Chorverbandes, die europäische Asylpolitik. „Komplexe Sachverhalte werden
       vereinfacht, für aktuelle Probleme Schuldige gesucht“, sagt Merkel. Mit der
       gemeinschaftlichen Singaktion will sie ihren Zuhörern den europäischen
       Gemeinschaftsgedanken wieder näherbringen. „Wir haben alle eine Stimme“,
       ermutigt die Sängerin das Publikum.
       
       Zum Finale verteilt der Scala-Chor für seine Version des Ärzte-Hits „Schrei
       nach Liebe“ Songtexte im Publikum. So kommt auch der letzte Gesangsmuffel
       nicht umhin, mit kraftvoller Stimme zumindest „Oh oh oh Arschloch“
       mitzusingen.
       
       Mareike-Vic Schreiber
       
       1 Dec 2015
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Mareike-Vic Schreiber
       
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