# taz.de -- Lebensfreude im Visier
       
       > Mordnacht Die Attentäter von Freitagnacht hatten es offenbar auf eine
       > bestimmte Schicht hipper junger Großstadtbewohner abgesehen. Französische
       > Medien nennen sie die „Generation Bataclan“
       
 (IMG) Bild: Trauer vor dem Bataclan: Unbekannte haben Fotos von Opfern mit letzten Worten hinterlassen
       
       aus Paris Klara Fröhlich
       
       Nach den Anschlägen auf Paris am Abend des 13. November wird immer klarer:
       Die Attacken des Islamischen Staates galten einer ganz bestimmten
       Zielgruppe, einer jungen und ausgehfreudigen Schicht Pariser Bewohner. Die
       Orte, an denen die Kamikaze-Kämpfer Menschen erschossen und sich in die
       Luft sprengten, sprechen eine eigene Sprache. Es sind keine typischen
       Touristenziele – nicht der Eiffelturm oder der Louvre, nicht die
       Champs-Élysées. Diese Orte blieben verschont.
       
       Dafür griffen die Terroristen einen Konzertsaal an, sie schossen auf
       Menschen in Bars und Restaurants in Szenevierteln von Paris, sie sprengten
       sich neben einem Fußballstadion in die Luft. Sie wählten präzise Orte aus,
       die zum Lebensalltag einer bestimmten Pariser Schicht gehören.
       
       Die französische Tageszeitung Libération nennt sie bereits die „génération
       Bataclan“. Bataclan ist der Name des Konzertsaals, in dem während des
       Konzerts der US-amerikanischen Band Eagles of Death Metal am Freitag die
       Geiselnahme stattfand. Dort waren die meisten der mindestens 132 Menschen,
       die umkamen, getötet worden. Etwa 350 Menschen wurden bei den Attentaten
       verletzt.
       
       Mit der „Generation Bataclan“ ist eine Schicht junger Menschen gemeint, die
       das Leben genießt – die nach dem Feierabend vielleicht ein Bier oder einen
       Wein auf den Terrassen der Pariser Bars trinkt, eine Zigarette raucht, sich
       laut lachend unterhält. Es war die Lebensweise junger Großstadtbewohner,
       die den Terroristen ein Dorn im Auge war.
       
       Sicher, auch diese Bewohner hatten wohl Sorgen und Probleme. Doch es
       zeichnet sich das Bild ab von Menschen, die das Leben genießen, die
       ausgehen, das quirlige Pariser Nachtleben genießen. Viele der Getöteten
       waren nach Medienberichten als ausgeprägte Musikliebhaber bekannt, tanzten
       vielleicht gern oder genossen die ausgelassene Stimmung des Pariser Abends.
       
       Daher griffen die Terroristen offenbar die Bars und Restaurants im X. und
       XI. Arrondissement an. Diese Stadtteile sind Szeneviertel und für ihre
       lebendigen Kneipen und ihre kreative Atmosphäre bekannt. Die Straßen rue de
       la Fontaine du Roi und rue de Charonne, beides Orte von Anschlägen, liegen
       nicht weit entfernt von der place de la République, neben der sich ein
       großes Ausgehviertel öffnet. Auch die rue Bichat neben dem Canal
       Saint-Martin fällt eindeutig in die Kategorie des hippen und
       fortschrittlichen Szeneviertels. Die Umgebung um den Kanal gilt schon seit
       Längerem als Biotop des coolen, bourgeoisen Lebensstils junger,
       erfolgreicher Franzosen.
       
       Die Profile der Opfer, die in französischen Medien zirkulieren, zeichnen
       ein immer klareres Bild dieser „Generation Bataclan“, die der IS im Visier
       hatte. Demnach sind die meisten der bisher bekannten Toten etwa zwischen
       Mitte zwanzig und Ende dreißig. Zum Großteil scheint es junge Leute
       getroffen zu haben, die gerade ihren Weg ins Arbeitsleben geschafft, zum
       Beispiel eine Doktorarbeit abgegeben oder eine eigene Produktionsfirma
       gegründet haben.
       
       Dabei arbeiteten viele von ihnen in einem künstlerischen Bereich, als
       Bildhauer, Journalist, Verleger, Architekt, aber auch als Anwalt oder als
       Lehrer. Manche hatten ihr Studium gerade erst abgeschlossen, andere waren
       seit wenigen Jahren selbstständig oder hatten einen festen Job.
       
       Mehrere Dutzend Opfer kamen laut Präsident François Hollande aus dem
       Ausland. Auch zwei Deutsche sind nach Angaben des Auswärtigen Amtes
       darunter. Einige von ihnen hatten Kinder. Es sind viele junge Eltern unter
       denen, die an diesem Freitagabend von den Terroristen getötet wurden.
       
       Bei allen Verschiedenheiten eint sie: Es waren Menschen, die Ja zum Leben
       sagten. Daran ist abzulesen, was der IS mit den Anschlägen zerstören
       wollte: Lebensfreude, Erfolg und Intellekt.
       
       17 Nov 2015
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Klara Fröhlich
       
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