# taz.de -- Lärm und Gesundheit: Flugzeuge im Herz
       
       > Dauerbeschallung steigert das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen und
       > Depressionen. Insgesamt schadet Lärm aber weniger als angenommen.
       
 (IMG) Bild: Macht das krank?
       
       BERLIN taz | Es ist eine der aufwendigsten Studien zum Verkehrslärm – auch
       international: Fünf Jahre lang untersuchte ein interdisziplinäres
       Forschungskonsortium aus Medizinern, Psychologen, Sozialwissenschaftlern,
       Akustikern und Physikern im Auftrag des Landes Hessen, wie sich dauerhafter
       Flug-, Straßen- und Schienenlärm auf die Gesundheit und die Lebensqualität
       von Menschen in Deutschland auswirkt.
       
       Fast 30.000 Anwohner, die nahe den Flughäfen Frankfurt, Köln/Bonn,
       Berlin-Schönefeld und Stuttgart leben, interviewten die Wissenschaftler
       unter Leitung des Psychologen Rainer Guski von der Ruhr-Universität Bochum
       telefonisch und schriftlich, daneben werteten sie Datensätze von rund einer
       Million Krankenversicherten aus.
       
       Am Donnerstag nun präsentierten sie in Frankfurt die Ergebnisse ihrer
       „Noise-Related Annoyance, Cognition and Health“-Studie (Norah): Danach
       existieren – unbestritten – diverse gesundheitliche Risiken durch Fluglärm,
       sie sind jedoch insgesamt geringer als bisher angenommen.
       
       So habe etwa die chronische Belastung durch startende und landende
       Flugzeuge keinerlei Auswirkungen auf den Blutdruck, stellten die
       Wissenschaftler zu ihrer eigenen Überraschung fest: „Dieses Ergebnis
       widerspricht Hinweisen aus bisherigen Studien.“ Die Diskrepanz erklären
       sich die Forscher so, dass sie besser und präziser dank größerer Datensätze
       gerechnet hätten als andere Forscher.
       
       ## Kein Grund zur Entwarnung
       
       Merklich erhöhen könne permanenter Krach dagegen das Risiko für
       Herzinfarkte, Herzschwäche und Schlaganfälle. Auch die psychischen Folgen
       von Fluglärm seien nicht zu unterschätzen, warnten die Wissenschaftler: Die
       Gefahr, lärmbedingt eine Depression zu entwickeln, sei größer als alle
       sonstigen körperlichen Erkrankungsrisiken. 
       
       Positiv beurteilten die Forscher das Nachtflugverbot am Frankfurter
       Flughafen: Seit dort 2011 eine sechsstündige Ruhezeit in der Nacht
       eingeführt wurde, schliefen die Anwohner besser. Dabei spielte offenbar
       auch ihre Einstellung eine Rolle: Menschen, die dem Fliegen positiv
       gegenüberstehen, schlafen demnach besser als Flugverkehrskritiker.
       
       Ein Grund zur Entwarnung sei dies aber alles nicht, schränkte der
       Studienleiter Rainer Guski ein: Denn die subjektiv empfundene Belästigung
       durch den Fluglärm sei in den vergangenen Jahren an allen Flughäfen stark
       gestiegen – und zwar selbst dann, wenn sich der Dauerschallpegel, dem die
       Anwohner ausgesetzt waren, tatsächlich gar nicht erhöht hatte.
       
       Dass die Deutschen empfindlicher sind als beispielsweise ihre europäischen
       Nachbarn, glauben die Forscher indes nicht. Vielmehr, so ihre
       Schlussfolgerung, müssten die bisherigen Berechnungsmodelle der
       Europäischen Union zur Lärmbelastung möglicherweise korrigiert werden.
       
       Beauftragt hatte die Studie die Umwelt- und Nachbarschaftshaus GmbH, eine
       Tochtergesellschaft des Landes Hessen. An der Finanzierung beteiligten sich
       neben dem Land Hessen auch die Kommunen, der Frankfurter Flughafenbetreiber
       Fraport und Luftverkehrsgesellschaften.
       
       29 Oct 2015
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Heike Haarhoff
       
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