# taz.de -- Schwule Republikaner und Männer mit Brustkrebs: Sehnsucht nach Reagan
       
       Bridge & Tunnel 
       
       von Ophelia Abeler
       
       Lacht, weint und klatscht mit der Grand Old Party!“ Die liebevoll bemalte
       Tafel der neuen Kneipe in meiner Straße lud zum Screening der Debatte der
       republikanischen Präsidentschaftskandidaten auf CNN ein, und diese
       Einladung lieferte die beste Entschuldigung dafür, Bier zu trinken, Sliders
       zu essen und die Debatte auf diese Weise tatsächlich durchzustehen, während
       man zu Hause eine Fernbedienung gehabt hätte und die vom Hirn an die Hand
       gesendeten Signale einen dazu gezwungen hätten, den Fernseher nach einer
       Minute auszuschalten, woraufhin man mit dem schlechten Gewissen des
       Unsportlichen ins Bett gegangen wäre.
       
       Park Slope, Brooklyn ist eine Hochburg der Demokraten. Gutverdienender
       Demokraten – viele Akademiker, Banker und Anwälte wohnen hier, wo sogar die
       öffentlichen Schulen gut sein sollen. Die Zahl der Leute, die mit
       Bernie-Sanders-Buttons herumlaufen, wächst täglich, und Bernie Sanders
       twitterte live zur Debatte, wie meine Sitznachbarn mir zeigten, ein Ehepaar
       in den frühen Sechzigern, Professoren, wie sich herausstellte, und,
       natürlich, für „Bernie“.
       
       ## Wie Beavis und Butthead
       
       Die Kandidaten waren noch in der Vorstellungsrunde, Ted Cruz war gerade
       dran, und ich hörte ihn sagen, sein Ehemann säße im Publikum.
       
       Ich: „Häh?“
       
       Der Professor: „Das ist Ted Cruz, die Scheißtüte, Tea-Party-nah.“
       
       Ich: „Hat er nicht gerade gesagt, sein Mann säße im Publikum?“
       
       Die Professorin prustete los: „Das wäre ein Klops!“
       
       Der Professor: „Ein geouteter republikanischer Kandidat? Noch
       unwahrscheinlicher als ein Mann mit Brustkrebs.“
       
       Ich: „Häh?“
       
       Der Professor: „Das ist das Einzige, was ich mit irgendeinem dieser
       Kandidaten hier gemeinsam habe. Brustkrebs. Carly Fiorina hatte den auch.
       (Die einzige Frau unter den Kandidaten). Ja, Sie staunen, aber Brustkrebs
       zu haben ist kein weibliches Privileg mehr, sorry. Präsident werden ist ja
       auch kein männliches Privileg mehr, hoffentlich.“ Der Professor klatscht
       fröhlich in die Hände.
       
       Die Kandidaten sind schon mitten drin in ihrem Angeben und Zanken, sie
       klingen wie Beavis und Butthead beim Aushecken ihrer ekelhaften Streiche,
       wenn sie sich darin überbieten, wie hoch die Mauer nach Mexiko gebaut
       werden soll oder sogar zwei Mauern mit einer Straße dazwischen für die
       Patrouillen – der eigentlich für die Trennung siamesischer Zwillinge
       bekannte Neurochirurg Ben Carson meint, das wäre das Beste. Donald Trump
       hingegen meint, er werde die Mexikaner die Mauer auf jeden Fall selber
       bezahlen lassen, wenn er Präsident ist. Nicht, „wäre” – jeder hier sagt:
       „wenn ich Präsident bin“. Alles andere wäre losermäßig.
       
       Ben Carson ist übrigens der einzige schwarze Kandidat. Ihn nach seiner
       Geburtsurkunde zu fragen, darauf ist bisher noch kein Republikaner
       gekommen, und dass Ted Cruz in Kanada geboren wurde und sein Vater Kubaner
       ist, daran würde man sich auch nur bei einem Demokraten stören.
       
       Die Punkte, auf die alle (außer Donald Trump in Punkt eins) sich einigen
       können, sind folgende: Erstens, Donald Trump ist unmöglich. Und,
       wahrscheinlich weil ihrer aller Kindheit oder Jugend in diese Epoche fällt
       und diese Jahre einfach die schönsten sind, zweitens, Ronald Reagan war
       der Größte, und drittens, das Amerika des Kalten Krieges war das beste
       Amerika, das es je gab – also lasst uns alles wieder so machen wie damals.
       
       Carly Fiorina ist eine ganz große Verfechterin dieses Ideals. „Ich werde
       gar nicht mit Putin reden, sondern gleich neue Raketenstützpunkte in Polen
       bauen und haufenweise Soldaten in Deutschland stationieren.“ Zwar war
       Donald Trump auch deswegen in die Kritik geraten, weil er über Fiorinas
       Gesicht gelästert hatte, aber wer so gebotoxt ist, dass er keine
       Gefühlsregung mehr zeigen kann, zu dem passt tatsächlich nur ein
       eisenharter Führungsstil – alles andere würde eine verstörende
       Text-Bild-Schere erzeugen.
       
       „Solche Leute kriegen gerne mal Alzheimer“, meint der Professor, „wie
       Thatcher und Reagan eben, erst böse sein und dann alles vergessen.“
       
       Dass Carly Fiorina mit 500.000 Dollar von Ted Cruz’ Anhängern unterstützt
       worden sei, damit sie bestimmte Dinge über Hillary Clinton sage, erklärt er
       mir auch, denn bestimmte Kritikpunkte wögen einfach schwerer, wenn sie von
       einer Frau an einer Frau geübt werden.
       
       „Das alles ist schlimmer als Krebs. Die Rechnung, bitte!“ und mit einem
       Blick auf Twitter: „Bernie schreibt, er geht auch nach Hause, er hat
       genug.“
       
       Ophelia Abeler ist Kulturkorrespondentin der taz in New York
       
       24 Sep 2015
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Ophelia Abeler
       
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