# taz.de -- Strom und Wärme von nebenan
       
       > Dezentral Ein BHKW des kommunalen Versorgers Hamburg Energie liefert
       > Genossen Strom und Wärme – ökologisch und billig
       
 (IMG) Bild: Kein Vorbild: Kohlekraftwerk Moorburg 
       
       von Fabio Kalla
       
       Vor zwei Jahren ist das neue 1,6 Gigawatt starke Kohlekraftwerk in
       Hamburg-Moorburg zum ersten Mal angefahren worden. Dunst zog durch das nahe
       gelegene Wohngebiet, Anwohner klagten über Husten, Kopfschmerzen und
       Übelkeit. Nach Angaben des Betreibers Vattenfall soll es 8,7 Millionen
       Tonnen CO2 jährlich ausstoßen – alles nur, um Strom zu erzeugen.
       
       Dass es auch umweltfreundlicher geht, zeigt eine Anlage in einem Wohngebiet
       im Osten Hamburgs. Hier stehen vorwiegend mehrstöckige Gebäude aus den
       60er- und 70er-Jahren. Das neu gebaute Betonhäuschen, in dem hier Strom
       erzeugt wird, wirkt gerade zu winzig. Das Blockheizkraftwerk (BHKW), das
       der Stromversorger Hamburg Energie im Stadtteil Billstedt errichtet hat,
       sei „das größte Projekt dieser Art in Hamburg“, sagt der Projektleiter Ingo
       Schultz.
       
       BHKWs sind Heizungen, die gleichzeitig Strom und Wärme produzieren. In dem
       Gehäuse, das etwa so groß ist wie drei Kühlschränke, befindet sich ein mit
       Erdgas betriebener Motor. Dieser treibt einen Generator an, der den Strom
       erzeugt. Die Abwärme des Motors, die dabei entsteht, erhitzt 15.000 Liter
       Wasser in drei großen Behältern. Dieses System nennt sich
       Kraft-Wärme-Kopplung.
       
       „Wir haben hier einen Wirkungsgrad von 90 Prozent – das heißt, dass wir
       nahezu die gesamte Energie, die wir hineinführen, auch verwerten können“,
       sagt der Diplomingenieur Schultz. Beim Kohlekraftwerk Moorburg sind es nur
       40 Prozent, da die Abwärme entweder die Elbe aufheizt oder über Kühltürme
       an die Luft abgegeben wird.
       
       Am Morsumer Weg in Billstedt hat der Bauverein der Elbgemeinden (BVE) 164
       Wohnungen zu heizen. „Wir haben hier einen Wärmebedarf von etwa zwei
       Millionen Kilowattstunden pro Jahr“, erzählt Schultz. Zusammen mit dem BVE
       hat er deshalb verschiedene Konzepte entwickelt.
       
       „Für die Errichtung des Blockheizkraftwerks waren bauphysikalische Mängel
       verantwortlich“, erklärt Nils Neuse vom BVE. Zuvor sei das Gebäude mit zwei
       20 Jahre alten Gaskesseln beheizt worden. Die Zuverlässigkeit der Gaskessel
       sei aber sehr eingeschränkt gewesen. Das neue Blockheizkraftwerk soll nun
       3.000 bis 6.000 Stunden pro Jahr laufen.
       
       Neben dem Gedanken, auf eine nachhaltigere Wärmeversorgung umzusteigen,
       waren Fördermittel der KfW-Bank Anreiz, in eine effiziente
       Energieversorgung zu investieren. 670.000 Euro habe die Anlage gekostet.
       „Mit dem Blockheizkraftwerk erzeuge ich den Strom dort, wo ich ihn
       benötige“, sagt Schultz. Dadurch könne der Strom besonders preiswert
       angeboten werden, da Abgaben an die Netzbetreiber entfielen.
       
       So könne den Kunden von Hamburg Energie der Strom immer zwei Cent günstiger
       als bei dem günstigsten Stromanbieter angeboten werden. „Gerade in
       strukturschwächeren Regionen wie Billstedt ist die Einsparung bei
       Stromkosten wichtig für die Mieter“, sagt Nils Neuse vom Bauverein.
       Trotzdem seien die Mietpreise geringfügig gestiegen.
       
       2002 hat die Bundesregierung ein „Gesetz für die Erhaltung, die
       Modernisierung und den Ausbau der Kraft-Wärme-Kopplung“ erlassen. Bis zum
       Jahr 2020 sollen 25 Prozent des erzeugten Stroms aus Kraft-Wärme-Kopplung
       entstammen. Aktuell sind es nach Angaben einer Studie der Prognos AG 16,2
       Prozent. Doch auf diesem Niveau soll der Anteil bleiben, geht aus der
       Studie hervor.
       
       Schon im Zeitraum von 2005 bis 2013 ist der Anteil der Kraft-Wärme-Kopplung
       nur um zwei Prozent gestiegen. Die Deutsche Physikalische Gesellschaft hält
       in ihrer Studie fest: „In der Vergangenheit haben Politik und öffentliche
       Meinung die Vorzüge der KWK stark überhöht und ihre Nachteile
       offensichtlich nicht hinreichend einbezogen“.
       
       Bei den BewohnerInnen der Wohnanlage kommt das neue Kraftwerk im eigenen
       Garten durchweg positiv an. Hella Meier wohnt seit der Erbauung 1974 in dem
       Gebäude. „Ich befürworte das Projekt, die Stromversorgung gehört in
       kommunale Hand“, sagt sie. Ihr Nachbar, Alfred Brandt, freut sich über die
       gesunkenen Heiz- und Stromkosten.
       
       19 Sep 2015
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Fabio Kalla
       
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